Predigt im Gottesdienst am 4. Sonntag nach Trinitatis (23.6.24), Pastor Horst Seivert

Sun, 23 Jun 2024 09:07:40 +0000 von Horst Seivert

4. Sonntag nach Tr. 
Römer 12, 17 f (Epistel)
 
„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist´s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Verschafft euch nicht selbst euer Recht, sondern überlasst das dem Strafgericht Gottes. Handelt nach dem Wort in der Heiligen Schrift: Wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du ihn damit beschämen. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

Liebe Gemeinde!

Nun hält uns die Fußballeuropameisterschaft seit einer guten Woche wieder in Atem. Gehören Sie auch zu denen, die sich von der besonderen Atmosphäre, dem Jubel und der Faszination, die von den Spielen ausgeht, mitreißen lassen?
Ob wir uns nun für Sport interessieren, für Fußball begeistern lassen, oder nicht, aus meiner Sicht können wir alle vom Fußball etwas für uns und für unser Leben lernen.
 
Fußball ist ein Mannschaftsspiel. Einzelspieler sind wichtig und nötig. Aber so gut die Einzelspieler auch sind, sie richten wenig aus, wenn sie nur auf sich selbst achten und nur für sich allein spielen.
Wer jedoch im Team spielt und wo das Zusammenspiel klappt, ist die Aussicht auf ein starkes Spiel und entsprechenden Erfolg am größten.
 
So ist es doch auch in unserem Leben. Wir brauchen die anderen.
Dass wir zu essen und zu trinken haben oder dass wir uns an jemanden wenden können, wenn wir krank sind und allein nicht mehr weiterwissen, ist nur deshalb möglich, weil andere für uns etwas tun oder weil andere für uns da sind.
 
Aber nicht nur wir brauchen die anderen. Auch die anderen brauchen uns. Wer darum weiß und danach lebt, dass er andere braucht, wer, wie in einem guten Fußballspiel, die anderen nicht aus dem Blick verliert, sondern Kontakt zu ihnen hält, wird letztendlich mehr erreichen als derjenige, der nur sich selbst sieht.
Schon die Bibel weiß, dass der Mensch immer zugleich auch Mitmensch ist und Mitmenschen braucht.
 
Es gibt noch eine weitere Parallele zwischen einem Fußballspiel und unserem Leben. Ein Fußballspiel wird gut, wenn sich alle Spieler an die Regeln halten. Das ist aber längst nicht immer der Fall und entsprechend geht es dann ja auch zu auf dem Spielfeld. Erst die Spielregeln ermöglichen, dass Fouls geahndet und alle auf dem Platz in gleicher Weise gerecht behandelt werden.
Die Spielregeln sind es, die Fairness und Fairplay bewirken.
 
Auch bei den biblischen Regeln, wie den 10 Geboten etwa, geht es unter anderem darum, dass sich das Zusammenleben der Menschen gerecht und fair gestaltet.
 
Um die Gestaltung des Zusammenlebens der Menschen in der Gemeinde geht es dem Apostel Paulus auch in den Versen, die wir vorhin als Predigttext gehört haben:
„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist´s möglich, so viel an euch liegt, habt mit allen Menschen Frieden.“
 
Solche Sätze können wirksam werden, weil Christen auch eine andere Sicht der Welt und von sich selbst haben, als das „wie du mir, so ich dir“.
Christen sind nämlich Menschen- und damit komme ich zu uns allen – die wissen, dass sie von Gott überreich beschenkt worden sind; wir sind Menschen, die aus Gottes Gnade leben. Als so Beschenkte begegnen wir der Welt und anderen Menschen.
Es ist nicht gleichgültig, wie wir im Leben unterwegs sind: Fairplay, Rücksichtnahme, die Regeln beachtend, das ist die eine, rücksichtslos, Auge um Auge, Zahn um Zahn, das ist die andere Weise.
 
Als von Gott Beschenkter weiß ich: der andere ist ein Mensch, den Gott gewollt hat, genau wie mich. Der Mensch, der mir begegnet, ist unendlich wertvoll. Mit den Augen Gottes gesehen ist jeder Mensch unersetzlich. Jeder Mensch ist eine Bereicherung für die Welt. Das ist eine wunderbare Sicht auf den anderen. Bei allem, was uns trennt, ist dies die größte Gemeinsamkeit: Beide, der andere und ich, sind von Gott geliebt. Das ist etwas Tiefes, was uns verbindet. Etwas Gemeinsames, in dem wir uns immer wieder finden können. „Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.“, sagt Paulus.
 
Und nun noch einmal zum Fußball: Es gibt das Abseits im Spiel. Es ist schwer zu erklären für solche wie mich, aber ich weiß: keiner gehört ins Abseits. Das ist eine wichtige Fußballregel. Dennoch geschieht es in jedem Spiel immer wieder neu. Und die Folge? Das Spiel wird kurz unterbrochen, geht dann aber nach einem Freistoß für die anderen so weiter wie vorher.
Wie schnell gerät jemand auch bei uns ins Abseits. Es gibt viele Beispiele: Einer wird arbeitslos oder krank, ist arm und kann sich gar nichts mehr leisten, kaum dass es zum Überleben reicht… Die Zahl solcher Menschen wächst immer mehr, die Schere geht weiter auseinander, wo soll das noch hinführen?
Wie schnell erleben es immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft, dass sie ins Abseits geraten, ausgegrenzt, ausgeschlossen werden.
Bei Gott ist das anders. Für Gott steht niemals jemand im Abseits, ganz gleich, was seine Mitmenschen über ihn denken und ganz gleich, ob er selbstverschuldet oder unverschuldet in eine solche Situation geraten ist.
 
Und bei uns sollte es auch so sein. Niemanden sollen wir ins Abseits stellen. Sondern auf Gutes bedacht sein gegenüber jedermann, helfen, wo wir können. Immer daran denken, die anderen sind, wie ich, von Gott geliebt.
Sehen, was der andere braucht, wo er bedürftig ist, wo ich den Hunger und den Durst stillen kann. Das ist eine andere Weltsicht, eine Sicht, die dem Frieden dient.
 
Frieden – dieses große Wort. Es wird konkret und greifbar, wenn ich Schritte gehe, die ich gehen kann, zum anderen hin. Schritte auf dem Weg zum Frieden. Ob ich sie gehe, das liegt an mir. Amen
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