Predigt im Gottesdienst am Sonntag Jubilate, 8.5.2022, Pastor Horst Seivert

Sun, 08 May 2022 09:20:03 +0000 von Horst Seivert

Jubilate 2022 zu 1. Mose 1+2 i.A.

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde, die ganze Welt. Alles, was es gibt, kommt von Gott. Er hat es gemacht. Auf der Erde war es zuerst wüst und leer. Es war ganz finster. Gott rief: „Es werde Licht!“ Da wurde es hell. Und Gott sah, dass es gut war…Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, Mann und Frau. Gott sagte zu den Menschen: „Vermehrt euch und breitet euch über die Erde aus! Ich setze euch über die Fische und die Vögel und über alle anderen Tiere. Ich vertraue seiner Fürsorge an.“ Gott sah alles an, was er geschaffen hatte. Und Gott sah: Es war sehr gut.“

Liebe Gemeinde!

Das dürfte uns klar sein. Hier liegt kein Augenzeugenbericht vor. Wer wäre denn dabei gewesen, um über die Erschaffung der Welt zu berichten?  Keiner.

Hier erzählen Menschen nachher – viel später - wie es sich zugetragen haben könnte. Und sie staunen über die Vielfalt der Natur, die sie vorfinden. Sie staunen über ihr eigenes Dasein und loben Gott, den sie als Erschaffer, als Schöpfer des Lebens verstehen. Sie preisen in dichterischer Schönheit Gott als den, dem wir alles verdanken. „Und siehe, es war sehr gut!“ Dieser Satz kommt immer wieder vor und er klingt wie ein Refrain (Kehrvers) nach jeder Strophe, in der Gott etwas geschaffen hat.

Ist das nicht staunenswert, ja eigentlich unbegreiflich, was wir hier hören? Da leben wir in einem gigantisch großen Universum, das ja viel, viel größer ist als es sich die Menschen damals vorstellen konnten. Da hat in unserem Sonnensystem die Erde genau den richtigen Abstand von der Sonne, und die Erdachse genau die richtige Neigung – sodass   Leben in so vielfältiger Weise entstehen kann.  All diesen Umständen verdanke ich auch mein Leben. Und jeder von uns sein eigenes Leben.                                      

Da ist unsere Erde nur ein winziger Planet im All und ich ein Mensch unter Milliarden anderer auf diesem Staubkorn Erde. Und doch ist der Mensch mit einem Verstand begabt, mit dem er das alles durchdenken, ja sogar messen kann. Soll ich denn da, ja sollen wir denn da nicht staunen und Gott darüber loben und preisen?

„Wenn ich sehe den Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du gemacht hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“, fragt schon der Beter im 8.Psalm in seiner viel begrenzteren Weltsicht.

„Am Anfang schuf Gott“ hören wir. Und schon kommen wir ins Stocken. Ja, was war denn am Anfang? Und was war davor? Eigentlich gibt es auf diese Frage nur zwei Antworten. Der Atheist (also der, der nicht an Gott glaubt) sagt: Da war nichts. Alles ist sinnlos und mehr oder weniger zufällig entstanden, auch wir Menschen. Aber der Glaubende sagt: Da war eine gestaltende Kraft am Werk, die wir Gott nennen. Das sagt die Bibel in ihrer ersten Zeile: Gott war da. Er wollte diese Welt, er wollte sie als sein Gegenüber. Und er wollte, dass der Mensch das anerkennt und ihm antwortet. Ihm liegt an dieser Beziehung.

Ich taste mich weiter vor in der Schöpfungsgeschichte: „Es werde Licht“, heißt es da. Der Schöpfer knipst das Licht an. Es ist, nach Himmel und Erde, die erste Schöpfungstat Gottes. Licht ist lebenswichtig und lebenserhaltend. Deshalb steht es am Anfang. Viele Komponisten hat diese Stelle immer besonders inspiriert. So auch Josef Haydn in seinem Oratorium „Die Schöpfung“. Vorher stellen die Instrumente das Chaos vor. Die Sänger tasten sich leise an die Stelle heran. Aber bei dem Wort „Licht“ explodiert die Musik geradezu. Es kommt mir vor, als habe Haydn schon eine Ahnung vom Urknall gehabt.

Ich springe in den Schluss der Erzählung. Nachdem Gott alles Mögliche und alles Nötige erschaffen hat, Himmel und Erde, Licht, Wasser und Land, Lebewesen aller Art und Größe im Meer, in der Luft und an Land, heißt es nun: 

„Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, er schuf sie als Mann und Frau.“ Früher sagte man: Auf die Erschaffung des Menschen läuft alles hinaus. Denn er, der Mensch ist die Krone der Schöpfung. Heute sind wir da vorsichtiger geworden angesichts der vielen Grausamkeiten, die Menschen ihresgleichen wie auch der Schöpfung insgesamt antun.  Ein Blick in die Ukraine und das brutale Leid, das dort diesem Land und den Menschen angetan wird, zeigt uns, wie fragwürdig das ist, mit der Behauptung, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist. Dabei ist das, was in der Ukraine gegenwärtig passiert nur ein Beispiel unter vielen auf diesem geschundenen Planeten. Eher passt der Spruch: „Der Mensch ist des Menschen Wolf“, als „Der Mensch ist die Krone der Schöpfung.“

Gott hat den Menschen von Anfang an einen ganz klaren Auftrag gegeben, nämlich die Erde zu bebauen und zu bewahren. Damit ist natürlich alles Leben auf der Erde gemeint, es zu schützen und zu beschützen. Von diesem Auftrag kann sich niemand herausreden.

Worauf läuft die Schöpfungserzählung hinaus? Nun, nicht auf den 6. sondern auf den 7. Tag. Auf den Sabbat, den Ruhetag. Der Mensch wird in die fertige Schöpfung gesetzt und er bekommt von Anfang an einen Ruhetag. Das wird uns hier deutlich gesagt. Die Erde kann durchaus ohne den Menschen auskommen, der Mensch aber nicht ohne die Erde. Das ist der Unterschied. Darum brauchen die Erde und der Mensch die Ruhe. Hier werden wir ermahnt, die wir uns in unserer  Gier verlieren und der Erde keine Ruhepause zur Erholung gönnen. Heute ist uns dies bewusster als das früher der Fall war, denn die Erde ist längst durch unseren Lebensstil bedroht. Junge Menschen gehen deshalb auf die Straße und protestieren.  (Fridays for future).                                            Viele der gegenwärtigen Probleme, die uns zu schaffen machen, sind letztlich die Folge unseres rastlosen Umgangs mit der Schöpfung. Die Erde zeigt schon längst Stresssymptome. Das ist unübersehbar. Sie seufzt unter unserem Umgang mit ihr.

Die Erzähler der Schöpfungsgeschichte damals wussten bereits: Wir Menschen und die Welt um uns herum, brauchen den Sabbat, die Ruhepausen. Wenn Gott sie für lebenswichtig hält, dann sollte das doch erst recht der Mensch tun, nicht wahr?

Heute feiern wir an diesem Sabbat, den die Christen später auf den Sonntag als den Auferstehungstag des Herrn gelegt haben, Gottesdienst. Wir loben und preisen Gott für alles, was er so herrlich geschaffen hat. Lasst uns das nicht nur heute tun am Sonntag Jubilate tun. Amen
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