Predigt im Gottesdienst am Sonntag Rogate, Pastor Seivert

Sun, 14 May 2023 07:05:45 +0000 von Horst Seivert

Rogate zu 1.Tim.2,1-6a
 
„So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen…“
 
Liebe Gemeinde!
 
Was ist die größte Kunst auf Erden?
Ist es die Kunst, einen Menschen zu trösten, der schweres Leid erfuhr? Oder ist es die Kunst, mit frohem Herzen alt zu werden?

 Es gibt ein Wort Martin Luthers, das in eine andere Richtung weist: „Das Gebet ist die hohe Kunst des Christen, mit der er Mauern übersteigt.“
An diese Kunst ermahnt und erinnert uns der heutige Sonntag Rogate – betet!
 
Beten ist Reden mit Gott. Wir dürfen Gott, wie die Kinder ihrem Vater oder ihrer Mutter, alles sagen, was wir auf dem Herzen haben, mit unseren einfachen Worten: was uns freut, wofür wir zu danken haben, was uns belastet und die Bitte und die Fürbitte für andere Menschen nicht vergessen.
 
Wenn uns das schwer fällt, dann dürfen wir mit einstimmen in die alten Gebete, wie die Psalmen oder das Vaterunser, die schon so viele Menschen vor uns gebetet haben und mit denen wir mit allen Christen und Christinnen der Welt verbunden sind.
 
Natürlich beschränkt sich unser Beten nicht nur auf den Gottesdienst. Im Gottesdienst ist Beten am schönsten, weil wir es zusammen mit anderen Menschen tun. Aber beten können wir überall, zu Hause im stillen Kämmerlein, wie Jesus einmal sagte, bei der Arbeit, vor oder nach dem Essen, am Ende des Tages, vor Reisen, im Wald beim Spazieren gehen, vor einer Operation oder nach einer überstandenen Krankheit oder Prüfung, am Krankenbett...
Wir dürfen gewiss sein, dass Gott uns hört.
 
Doch nicht jedes Gebet geht in Erfüllung. Aber wir dürfen Gott vertrauen, dass er weiß, was wir brauchen. Er erfüllt nicht alle unsere Bitten, aber alle seine Verheißungen.
 
„So ermahne ich euch, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen.“ So heißt es im heutigen Predigttext.
 
Für wen sollen wir heute beten? Liegt Ihnen /Euch etwas auf dem Herzen?
Wir falten heute die Hände zum Gebet und danken Gott für all´ das Gute, das wir empfangen haben und auch gegenwärtig empfangen.  Wir danken für die Zeiten, in denen wir gelacht haben und lachen, für Augenblicke, in denen wir uns wohl gefühlt haben und wohl fühlen, für Zeiten, in denen wir glücklich waren und glücklich sind.
 
Wir danken Gott heute für dieses Kind, das seinen Eltern geschenkt worden ist, das sie heute zur Taufe gebracht haben. Dass…, dass wir gesund sind, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern immer ein Geschenk.
Unter Gottes Schutz und Segen befehlen wir heute dieses Kind betend an.
 
Ich kann mir auch vorstellen, dass sich viele von uns Sorgen machen um den Weltfrieden, um die Gefahren, die durch den Klimawandel da sind, Armut, darüber, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht. Soll das so weitergehen? Wir wollen um mehr Gerechtigkeit beten.
Und für den Frieden in der Ukraine, dem Sudan, in Israel und Palästina und überall in der Welt, wo er bedroht ist, wollen wir beten, dass die Gewalt und Gegengewalt endlich aufhört.
 
So weit, so gut, liebe Gemeinde. Ich glaube, da sind wir uns einig. Aber sind wir uns immer noch einig, wenn wir auf das hören, was der Predigtext von uns fordert? Da heißt es: wir sollen für alle Menschen beten.
Für alle Menschen beten? Auch für die, die uns das Leben schwer machen? Auch für den Kindsmörder, der einer Familie das Liebste geraubt hat? Auch für die Feinde?
Sind wir uns immer noch einig, dass wir für alle Menschen beten sollen, und warum überhaupt sollen wir das tun?
 
Die Adressaten des 1.Timotheusbriefes haben vermutlich ähnlich erstaunt gefragt. Und sicher war die Ermahnung heftig umstritten. Denn es gab nicht wenige Menschen, die die jungen Christengemeinden damals mit Repressalien verfolgten und versuchten sie auszurotten. Für diese Menschen sollten sie nun beten? Das fiel ihnen ziemlich schwer. 
Doch gerade aus dem Grund ist diese Ermahnung zum Gebet  für alle so wichtig, auch für die Feinde der Gemeinde. Das Gebet der Christen und Christinnen soll ein Beispiel sein für die Liebe, die alle Furcht überwindet. Christen sind Men-schen, die auf die Liebe setzen (bauen) und die Hoffnung haben, dass sie allen Hass und alle Angst besiegen. „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“, heißt es in dem heutigen Evangelium
 
Jesus bittet noch am Kreuz als Sterbender seinen himmlischen Vater um Vergebung für seine Mörder:                     „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Seine Liebe ist für alle Menschen da: Freund, wie Feind.  Jesus weiß, was auch wir wissen sollten: Nur die Liebe kann die Feindschaft und den Hass überwinden!
 
Warum also sollen wir für alle Menschen beten? Weil Gott alle Menschen liebt. Weil ihm nicht einer wichtiger ist als der andere, weil seine Liebe unteilbar ist.
 
Wir können nicht unseren Kindern das tägliche Brot geben, ohne das tägliche Brot für alle Kinder zu erbitten. Wir können nicht Gerechtigkeit für uns wollen, und sie anderen Menschen verweigern. Wir können nicht glauben, dass Gott uns vergibt, ohne um Vergebung für die zu bitten, die an uns schuldig geworden sind. Denn, Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Amen
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