Predigt im Gottesdienst am Sonntag Invokavit, 06.03.2021, Pastor Seivert

Sun, 06 Mar 2022 10:34:35 +0000 von Horst Seivert

Predigt zu 2. Korinther 6,1-10 i.A. 
 
Paulus schreibt an die Christen in Korinth, wo es zugeht wie überall auf der Welt. Es gibt Gutes und Böses, Schreckliches, aber auch Mut machendes. Als einer, der fest im Glauben an Gott steht, macht er mit seinem Brief den Menschen Mut:
 
„In allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühen, im Wachen, im Fasten, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, in ungefärbter Liebe, in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, in Ehre und in Schande…  als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich.“ 
 
 
Auf die Nachrichten abends um 19 oder 20 Uhr freue ich mich eigentlich immer. Mit ihnen beginnt oft mein tägliches Fernsehprogramm.  Ich freue mich auf die Nachrichten, aber ich fürchte sie auch. Denn oft genug kann man am Ende der Sendung feststellen: Die Welt ist schlimm, sie gerät immer mehr aus den Fugen. Krisenherde hier, Konflikte da, Krieg, Hunger, Vertreibung.
Das Fernsehen und die übrigen Medien haben scheinbar mehr Interesse an den schlechten als an den guten Nachrichten hat. Denn da geht es um Einschaltquoten und wir Menschen lassen uns leider von den schlechten Nachrichten eher in den Bann ziehen als von den guten.
 
Doch kein Mensch kann auf Dauer nur von/mit schlechten Nachrichten leben. Sie ziehen einen zu sehr herunter und sind nicht gut für die Moral.
 
Gott sei Dank gibt es nicht nur schlechte Nachrichten, obwohl diese gerade zurzeit den Vorrang zu haben scheinen. Es gibt auch die schönen, guten und mutmachenden Nachrichten und Erfahrungen, in unseren eigenen Leben und auch in unserer näheren Umgebung. Ein schöner sonniger Tag, den wir in guter Gesundheit erleben dürfen etwa, oder die Freude an der Familie, Kindern und Enkelkindern, Freundschaften, ein schönes Essen, ein toller Urlaub, gute Nachbarschaft usw. Solche Erlebnisse tragen zur guten Lune bei und verhindern, dass wir zu sehr in Depressionen verfallen.
 
Welche berauschende Wirkung gute Nachrichten haben können, das zeigte sich beispielsweise in der berühmten Szene aus dem Jahr 1989, als der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher in der bundesdeutschen Botschaft in Prag den dort seit Tagen campierenden Flüchtlingen aus der DDR die Nachricht verkündete: „Wir sind heute hierher ge-kommen, um Ihnen mitzuteilen, dass Ihre Ausreise…“ Weiter kam Genscher nicht, denn der Rest des Satzes ging in einem unbeschreiblichen Jubel der Botschaftsflüchtlinge unter. Die Älteren unter uns werden sich sicher lebhaft daran erinnern. Eine gute Nachricht, die in die Geschichte eingegangen ist.
 
Welche enorm befreiende Wirkung eine gute Nachricht haben kann, zeigt sich auch in diesen Zeiten der Corona-Epidemie, z.B. wenn ein Arzt den Angehörigen einer an Covid erkrankten Patientin sagen kann: „Ihre Mutter ist auf der Intensivstation aus dem Koma wieder erwacht. Wir sind zuversichtlich, dass sie über den Berg ist.“
 
Ja, es gibt beides: gute und schlechte Nachrichten.
Auch zu biblischen Zeiten war das nicht viel anders als heute.
Während der Lebenszeit des Apostels Paulus, etwa in den Jahren 10 bis 60 nach Jesu Geburt, war militärische Gewalt alltäglich. Die Weltmacht Rom hatte weite Teile in Vorderasien besetzt und kämpfte gegen viele Aufstände. Paulus saß mehrmals in Gefängnissen. In vielen Briefen des Apostels klingen Gewalt und ihre Folgen mit. An die Christen in Korinth (2. Korinther 6,4-5) schreibt er: In allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühen … Wenn Paulus das schreibt, wird er es auch erlebt haben – entweder am eigenen Leib oder als Zeuge von Gewalt und Bedrängnissen. Oder in beidem.
 
Die Welt ist voller Gewalt. Viel zu oft. Damals und heute.
 Die gleiche Welt macht aber auch Hoffnung. Immer wieder.  Paulus schreibt auch (2. Korinther 6,9-10): In allem erweisen wir uns als Diener Gottes: … als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich;  
 
Mich beeindruckt diese Haltung des Apostels Paulus.  Er verschließt nicht die Augen vor dem Leid und der Gewalt, die er am eigenen Leib erlebt. Gerade in diesem Schweren macht er Mut, die Hoffnung nicht aufzugeben, weil Gott am Werk ist. 
 
Ich möchte mir eine Scheibe abschneiden von diesem tiefen Glauben.
 
Ich verstehe Paulus so: Er sagt mir, dass Gott in unserer Zeit, in unserem Alltag wirkt, dass er da ist, in all dem, was uns begegnet an unserer Seite geht, in all dem, was wir an Schönem und Hässlichem erleben. Und Paulus will, dass wir diese Zeichen erkennen.  „Siehe, jetzt ist der Tag des Heils, sagt, jetzt ist die Zeit der Gnade.“ Wartet nicht immer auf morgen. Gott ist schon jetzt hier bei euch. Auch und gerade in dem, was nicht schön, nicht gut und nicht tröstlich ist. Auch und gerade in dem, was uns Angst macht und verzweifeln lässt. Gott ist da. An unserer Seite.
Und er gibt uns die Kraft, das auszuhalten und auch die Kraft zu helfen, wo unsere Hilfe gefragt ist, auch wenn diese noch so bescheiden ausfällt.
Wir können auch trösten, heilen und hoffen. Wir, die wir vom Geschehen in der Welt erschrocken, ratlos und wütend sind, können auch denen aufhelfen, die ratlos und gebeugt sind. 
Wir können das, weil wir wissen, dass es noch etwas anderes gibt als Krieg und Gewalt, Elend und Not. 
 
Selbstverständlich gibt es Zeiten, Passionszeiten, Leidenszeiten, in denen wir nichts mehr vermögen. Vielleicht nur noch stumm sein können, sprachlos sind. 
Vielleicht erwächst aber auch der Wunsch, etwas gegen dies Schreckliche zu tun. Ein Zeichen zu setzen gegen sinnlose brutale Gewalt. ….
 
Gott sei Dank ist das so. Sonst könnten wir es nicht aushalten, wir würden zugrunde gehen. Ja, es gibt Gott sei Dank mehr als das, was wir in dieser Welt an Grausamkeiten und an Leid erleben. Es gibt auch das Schöne, die Hoffnung, dass vieles wieder gut wird.  Z.B. Wenn ein Kind auf die Welt kommt, dann ist das immer wieder ein solches Zeichen der Hoffnung für die Welt, dass letztlich nicht alles verloren ist, dass es sich zu leben und zu engagieren lohnt. Halten wir an solchen Zeichen der Hoffnung fest. Sie sind wichtig für uns alle.
 
Ich möchte von Paulus lernen, liebe Gemeinde, dass der Glaube zwar nicht vor dem Leid bewahrt, aber im Leid trägt. „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“.
 
Die Welt lässt Menschen weinen, jeden Tag, aber die gleiche Welt macht uns auch Hoffnung. Immer wieder. Gott sei Dank!
 
Amen
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