Liebe Gemeinde!
In unserem Leben gibt es immer wieder Zeiten, die in besonderer Weise einladen innezuhalten. Das kann ein Geburtstag sein, eine Familienfeier, ein Umzug.
Auch der Altjahresabend ist eine solche Gelegenheit zum Rückblick. Wir stehen an der Schwelle vom alten zum neuen Jahr. Wir schauen zurück auf das, was gewesen ist.
Ein Jahr liegt hinter uns, 12 Monate, in denen wir vieles erlebt haben. Das dritte Jahr in Folge, in dem sich die Krisen
in der Welt gehäuft haben. Aber es gibt auch Positives. Es war nicht alles schlecht. Nach den neuesten Umfragen blicken die meisten Deutschen trotz Krisen optimistisch in die Zukunft. Unsere Bilanzen fallen unterschiedlich aus.
Für die einen war es trotz allem ein erfülltes Jahr mit vielen schönen Erinnerungen.
Andere haben viel durchgemacht, für sie war es ein schweres, ein hartes Jahr. Sie mussten oder müssen noch immer mit einer Krankheit fertig werden. Eine Trennung schmerzt, ein Abschied von einem geliebten Menschen. Ein finanzieller Einbruch, der belastet und bedroht. Es gab Sorgen mit den Kindern, Sorgen am Arbeitsplatz, mit Belastungen, die überfordern.
Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom im 8. Kapitel: „Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes“. Bei all dem, was wir erlebt haben, sind wir immer, in jeder Situation, zu jeder Zeit unseres Lebens aufgehoben in der göttlichen Liebe.
Dieses Band, diese Verbundenheit mit dem Göttlichen spüren wir besonders in den guten Zeiten unseres Lebens; in Zeiten, in denen wir glücklich und gesund sind, in denen alles in uns und um uns herum stimmt. Dann füllt uns dieses Gefühl aus, tief verbunden zu sein mit allem, mit dem Leben, mit dem Urgrund der Liebe, mit Gott.
Doch Paulus meint nicht nur solche Glücksmomente, wenn er voller Gewissheit schreibt:
„Nichts kann uns von der Liebe Gottes scheiden!“ Er schreibt von Leid, von Hunger: nach Brot, nach einem Zuhause, nach einem versöhnenden Wort. Er schreibt von leidvollen Erfahrungen, die Menschen zugemutet werden, von Schmerz und Not, von Tod und Abschied, von Gefahren und Belastungen, die Menschen das Leben zur Hölle machen. Fast alles davon hat er in seinem Leben auch erfahren.
„Nichts kann uns von der Liebe Gottes scheiden.“ Nichts, was wir erleben, nichts Irdisches, und auch keine überirdischen Mächte und dunklen Kräfte. Ganz gleich, was geschieht in der Welt und im Kosmos, Gottes Liebe begleitet uns und trägt uns. Jetzt und in aller Zukunft.
Diese Worte haben eine starke, eine tröstende Kraft. Und dennoch kennen und erleben wir Situationen, in denen wir uns getrennt fühlen von der Liebe Gottes, abgeschnitten von Strom des Lebens. Eine schwere Krankheit trifft uns unverhofft oder ein lieber Mensch wird plötzlich aus diesem Leben gerissen und wir müssen uns von ihm verabschieden.
Wer fragt da nicht: Warum ich? Warum hat es unsere Familie getroffen?
Doch was Paulus hier schreibt, geht weit über unsere Erfahrungen und Gefühle hinaus. Er schreibt nicht über einzelne Lebenserfahrungen, nicht über einzelne Menschen. Er sieht uns einzelne Menschen eingebunden in ein Ganzes, das alles umfasst, das aber viel weiter ist als unsere individuelle Lebensgeschichte, weiter als unser Fühlen, unser Denken und Wollen. Vielleicht können wir es an diesem Tag spüren. Dass wir eingebunden sind in einen großen Zusammenhang, an dem wir Anteil haben, der uns hält und trägt.
„Nichts kann uns von der Liebe Gottes scheiden.“
Aus dieser Liebe können wir nicht herausfallen. Wie ein Kind im Bauch der Mutter geschützt und geborgen ist, verbunden mit der Mutter durch die Nabelschnur, so sind wir verbunden mit dem Göttlichen. In einer Liebe, die durch nichts zu zerstören ist. In einer Liebe, die immer da ist, auch wenn wir sie nicht spüren und auch dann, wenn wir nichts von Gott wissen wollen, wenn wir uns von ihm abwenden.
Wenn wir nun den Weg in das neue Jahr beginnen, dann haben wir auf die Frage „Werden wir wohlbehalten durch das Jahr kommen?“ nicht ein Ja oder Nein zu erwarten. Wir können aber darauf vertrauen, dass unser treuer Gott diesen Weg mit uns geht. Es kann sein, dass es auf diesem Weg schwere Strecken gibt, die uns alle unsere Kraft kosten. Es kann sein, dass wir uns sehr belastet fühlen. Wir wissen, nicht, was kommt. Doch wir wissen, dass Gottes Liebe und Güte uns umgeben werden, ob wir es spüren oder nicht.
Im Psalm dieses Tages, der mit den Worten beginnt: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“ heißt die Antwort: „Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“ Und die Schlussworte sind wie ein Reisesegen für den Weg durch das neue Jahr: „Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ Sein Frieden, der unser Denken übersteigt, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen