Exaudi 2021 - Joh. 7,37-39
„Am letzten, dem höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme des lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihm glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.“
Wir alle wissen was es heißt Durst zu haben, etwa nach einem guten Essen oder nach einer körperlichen Anstrengung, vielleicht nach einer langen Wanderung an einem heißen Sommertag mit viel zu wenig Wasser im Gepäck. Der Mund trocknet aus. Die Zunge klebt am Gaumen, der Kopf wird schwer. Durst ist quälend.
Unter normalen Umständen braucht der menschliche Körper etwa zwei Liter Flüssigkeit am Tag. Dann sind alle Zellen gut versorgt und wir fühlen uns wohl.
Auf jeden Fall gilt: Ohne Wasser gibt es kein Leben. Das gilt für Menschen, wie für Tiere und Pflanzen.
In vielen Ländern der südlichen Halbkugel ist das Wasser schon lange eine Mangelware. Im Zuge des fortschreitenden Klimawandels gibt es immer mehr Dürregebiete auf der Erde. Streit, ja Kriege um das kostbare Element sind vorprogrammiert. Und auch auf der nördlichen Halbkugel, also auch bei uns werden die Sommer immer heißer und niederschlagsärmer. Das Wasser ist zu einer richtigen Kostbarkeit geworden. Jetzt schon, und sicher auch in Zukunft, werden wir viel sparsamer mit dieser Ressource umgehen müssen.
„Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke!“, sagt Jesus. Diese Einladung Jesu klingt nur beim ersten Hinhören wie die Werbung einer Mineralwasserfirma. Natürlich redet Jesus hier nicht vom Flüssigkeitsmangel unseres Körpers, sondern vom Durst der Seele. Unsere Seele ist durstig. Wir haben Durst nach so vielem: nach Anerkennung, nach Geborgenheit und Liebe, nach verstanden werden…
Gerade jetzt in diesen Zeiten der Pandemie, wo so viele Menschen sich regelrecht eingesperrt und abgeschnitten fühlen vom Leben, macht sich dieser Durst besonders bemerkbar. Der Durst nach anderen Menschen. Mal wieder unbeschwert zusammenzukommen und Kaffee zu trinken, sich zu treffen mit Freunden, ins Theater oder Kino gehen, sich auf Reisen begeben, oder ohne viel zu überlegen mal ganz spontan in den Gottessdienst zu gehen, gemeinsam zu singen, im Chor oder einfach so…ich könnte noch vieles aufzählen, wonach wir dürsten.
Wir haben Durst nach Leben, nach Liebe. Unsere Seele schreit nach Anerkennung. Und es scheint bei der Seele ganz ähnlich zu sein wie beim Körper. Wenn sie auszutrocknen droht, dann macht sich da eine innere Leere breit, die uns zunehmend ratlos, traurig, müde macht.
„Wer Durst hat, komme zu mir und trinke“. Jesus ruft diese Worte beim Laubhüttenfest im Tempel von Jerusalem aus.
Das Laubhüttenfest gehört zu den wichtigen jüdischen Festen. Es ist eine Art Erntedankfest, bei dem unter Schatten spendenden Unterständen aus Laub (daher der Name) für die Obst- und Weinernte gedankt wird.
„Wer Durst hat, komme zu mir und trinke“. Beim körperlichen Durst ist das ziemlich einfach. Wir trinken ein Glas Wasser. Über Mund und Magen wird die Flüssigkeit im Körper verteilt. Jede Zelle bekommt etwas davon ab.
Wie und wer aber kann die Seele tränken? Hier ist das aufnehmende Organ nicht der Mund, sondern das Ohr und auch das Herz. Indem wir auf Gottes Wort hören, dieses Wort in uns aufnehmen, es uns zu Herzen nehmen, ihm glauben, kann die Seele genährt werden.
„Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden Ströme des lebendigen Wassers fließen“, sagt Jesus.
Jesus selbst bezeichnet sich als die Quelle des Lebens. Der Glaube an ihn lässt Menschen glücklich werden, schenkt Hoffnung, Sinn und ewigen Frieden.
Aber dieses Wort von Jesus geht noch weiter. Nicht nur er selbst ist die Quelle des Lebens, nein, sondern alle Menschen, die an ihn glauben, werden sozusagen zu Brunnen, zu Quellen, aus denen das Wasser des Lebens fließt.
Das heißt auch jeder von uns, Sie, Ihr, ich, wir alle können zu Quellen des Lebens für andere werden. Wer die Liebe Gottes einem anderen schenkt, wird zu einem Brunnen des Lebens, von dessen Leib Ströme lebendigen Wassers fließen.
In einem Gedicht von Wilhelm Wills heißt es:
„Wusstest du schon, dass die Nähe eines Menschen gesund, lebendig, froh machen kann?
Wusstest du schon, dass die Stimme eines Menschen einen anderen Menschen wieder aufhorchen lässt, der für alles taub war?
Wusstest du schon, dass das Zeithaben für einen Menschen mehr ist als Geld, mehr als Medikamente?
Wusstest du schon, dass DU dieser Mensch sein kannst?"
Wusstest du schon, dass DU dieser Mensch sein kannst?"
Auch eine Mutter, oder ein Vater, die ihrem Kind Geschichten aus der Bibel erzählen, eine Großmutter, die den Enkeln vorliest von der Geschichte Jesu, sie alle werden zu Strömen lebendigen Wassers und zeigen anderen, wo und was das wahre Leben ist.
Auch die Menschen, die hingehen zu anderen und sie trösten in ihrer Trauer, um bei ihnen zu sein in ihrer Krankheit, sie zu besuchen – auch sie werden zu Strömen des lebendigen Wassers, auch sie geben etwas von der Liebe Gottes weiter.
Wir haben so viele Möglichkeiten dieses Wasser zu verschenken, das Wasser, das den Durst unserer Seelen stillt.
Aber wir müssen auch darauf achten, dass wir Nachschub bekommen, um selber nicht auszutrocknen. Bei allen Menschen ist das so, die immer nur geben. Sie müssen auch ihr eigenes Reservoir auffüllen. Wo geschieht das? Beispielsweise hier im Gottesdienst. Hier bekommen wir das Wasser des Lebens immer wieder neu geschenkt, gratis, umsonst. Wenn wir die Botschaft von Gottes Liebe in uns aufnehmen. So können wir dann hinausgehen in die Welt und davon weitergeben an andere von dem, was uns geschenkt worden ist.
Wir empfangen in unserem Leben so unendlich viel. Wir empfangen das Wasser des Lebens, die Liebe Gottes. Darauf hoffen wir, darauf vertrauen wir, daraus leben wir. Amen