Liebe Gemeinde!
Wer etwas von sich hält, der hat ein Wappen oder ein Zeichen. Wir kennen das von Kleidungsstücken oder von Autos. Da gibt es den Stern oder den Löwen, die Raute oder den Blitz. Und Bundesländer oder Fußballvereine haben natürlich auch ein Wappen…
Wer etwas von sich hält, der hat ein Wappen oder ein Zeichen. Wir kennen das von Kleidungsstücken oder von Autos. Da gibt es den Stern oder den Löwen, die Raute oder den Blitz. Und Bundesländer oder Fußballvereine haben natürlich auch ein Wappen…
An dem Wappen kann man erkannt werden. Das hat sich Martin Luther auch gedacht. Besonders nachdem seine 95 Thesen, die er an die Wittenberger Schlosskirchentür geschrieben hat, immer größere Kreise zogen und sich sogar Papst und Kaiser damit beschäftigt haben. Unzählige Male musste Martin Luther vor Politik und Kirche Rede und Antwort stehen. Am Ende entstand neben der katholischen unsere evangelische Kirche. Martin Luther hat das nie gewollt. Aber er hat gemerkt: vieles konnte nicht mehr so weitergehen wie bisher. Und da ist es manchmal besser, man fängt etwas ganz Neues an.
Martin Luther hat sich also überlegt: ich brauche ein Wappen für das, was mir in der Bibel und im Glauben wichtig geworden ist.
Und da ist die berühmte Lutherrose entstanden. Sie ist an vielen Orten zu finden. In Kirchen ist sie entweder in Stein gemeißelt oder in Kirchenfenster gefasst, sie findet sich in Büchern oder im Internet auf den Seiten der evangelischen Kirchen. Man kann sie als Anstecker oder als Aufkleber für das Auto erwerben.
Die Lutherrose ist zu einem Wahrzeichen des Luthertums geworden.
Die Lutherrose, die Sie heute in der Hand halten – ich möchte Ihnen die Karte schenken – ist nicht die echte Lutherrose, aber sie sieht ihr ziemlich ähnlich. Eine lutherische Kirche der USA hat sie herausgegeben und sich erlaubt das Motiv der Lutherrose ein wenig zu verändern.
Das schwarze Kreuz ist da, das rote Herz, die weiße Rose, der blaue Himmel, aber der goldene Ring, die Rose umgebende Ring fehlt. Dafür haben sie etwas anderes gemacht: Sie haben die Lutherrose als blühende Pflanze dargestellt, die grüne Blätter treibt.
Wir wollen uns jetzt die einzelnen Elemente des Wappens anschauen. Darin steckt fast alles, was für den Glauben wichtig ist.
Am Anfang steht das Kreuz.
Das Kreuz steht für Jesus Christus: Für Leiden und Tod. Es erinnert an traurige Momente oder Tage. Wenn man Angst hat, sich fürchtet. Wenn man Schmerzen hat, weil man krank ist oder verletzt. Oder die Seele weh tut. Doch das Kreuz steht auch dafür, dass Jesus den schweren Weg gegangen ist aus Liebe zu uns Menschen. Ja, diese Liebe gilt jedem von uns, und zwar ohne jegliche Vorbedingung. Einfach so. Das war übrigens die große Entdeckung des Reformators. Er selbst nennt es Rechtfertigung aus Glauben. Der Mensch wird gerecht ohne Werke, allein durch den Glauben.
Luther findet heraus: Mit guten Werken, mit Leistung können wir uns keinen Gott erkaufen, der uns liebt. Gott liebt uns Menschen und nimmt uns so an, wie wir sind, er knüpft seine Liebe zu uns an keinerlei Vorbedingungen.
Wir leben in einer Zeit, in der der Wert eines Menschen leider oft nur durch seine Leistung bestimmt wird.
„Hast du was, dann bist du was“, heißt es oder negativ gesagt: „Hast du nichts, bist du nichts“.
Doch der Mensch ist viel mehr, als das was er hat oder nicht hat, als das was er leistet, oder nicht leistet. Gott sei Dank. Jeder Mensch hat seinen Wert und seine Würde von Gott her.
Um das Kreuz herum entsteht dann das Herz.
Das Herz steht für die Liebe. Menschen, die verliebt sind, malen Herzen auf Briefe und Karten, manche ritzen sie sogar auf die Rinde eines Baumes oder auf Parkbänke. Kleine und große, schüchterne und freche, vor allem aber rote Herzen. So ist in dem Lutherwappen, dem echten und diesem veränderten hier, ein großes rotes Herz, das zeigt, dass Gott die Menschen liebt. So wie eine Mutter und ein Vater ihr Kind lieben – so und noch viel stärker mag uns Gott. Er liebt uns so wie kein anderer. Wir brauchen uns seine Liebe nicht verdienen. Sie ist einfach da. Das Herz als großes Liebeszeichen Gottes.
Um das Herz herum ist eine weiße Rose. Luther schreibt dazu: „Solch Herz aber soll mitten in einer weißen Rose stehen, anzuzeigen, dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt, darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe.“
Bei einem Fest heftet man sich eine weiße Rose ans Jackett. Man stellt weiße Rosen auf den Tisch oder dekoriert die Motorhaube des Hochzeitsautos mit schönen weißen Rosen. Weiße Rosen als Zeichen der Freude. Weiße Rosen zeigen: Weil Gott es gut meint mit uns, dürfen wir Menschen, die ihm vertrauen, uns riesig freuen – eben wie bei einem Fest. An Gott glauben, das ist nichts Mickriges, Billiges, kein geiziges Gehabe – das ist Fest! Freude! Jubel! Glück! Wer an Gott glaubt, der hat teil an der Freude Gottes!
Für Martin Luther war das ganz eindeutig und selbst-verständlich: wer von Gott gerecht gesprochen ist, der hat nämlich allen Grund, sich zu freuen. Es ist die Freude der Erlösten, der Befreiten, etwa so, wenn man sich freut, wenn einem ein schwerer Stein vom Herzen gefallen ist und man nun befreit aufatmen und leben kann.
Der Hintergrund der Rose ist zunächst blau, in zwei unterschiedlichen Nuancen.
Blau ist der Himmel, wenn ihn keine Wolken verbergen. Natürlich ist das nicht immer so. Manchmal gibt es auch dunkle Wolken. Auch im Leben von Menschen, die an Gott glauben. Aber wir wissen von dem blauen, strahlenden Himmel. Manchmal sehen wir ihn sogar durch die Wolken hindurch. Der Himmel, das ist auch die Ewigkeit Gottes. Und in dieser Ewigkeit sind wir geborgen. Wir mit unserem kleinen Leben. Unscheinbar aber doch wichtig. Für Gott sehr wichtig, jeder und jede von uns. Ja, wir sind ein Teil in Gottes Ewig-keit. Für immer sollen wir mit Gott zusammen sein. Dafür steht die Farbe Blau.
Was erst später in seiner ganzen Herrlichkeit und Pracht zu sehen sein wird, das ist jetzt schon da, wenn auch verborgen. Vielleicht mag das der Grund sein, warum die amerikanischen Christen die Lutherrose als Pflanze dargestellt haben, als lebendiges und blühendes Gewächs.
(Angesichts der Krisen der Kirche, der selbstgemachten, der auf sie gekommenen oder auch nur in Zukunft erwarteten Krisen, könnte man leicht entmutigt werden und die Frage stellen: Ist die Kirche, die den rechtfertigenden Glauben verkündigt, schon an ihr Ende gekommen, ist sie eingetrocknet und morsch geworden, oder geht da noch etwas, wächst da noch etwas? Jedenfalls ist allzu oft so rein gar nichts zu sehen, weder vom Wachstum der Kirche noch gar nicht von ihrer zukünftigen Herrlichkeit.)
Am Reformationsfest ist deshalb daran zu erinnern, dass immer noch etwas wächst und blüht, aber dass der Grund dafür nicht in uns selbst zu suchen ist. Die Kirche erwartet ihr Wachsen und Gedeihen nicht aus sich selbst, sondern allein von Gott her, der allein die Gnade und die Kraft zu neuem Wachstum schenkt.
Wir schauen nicht auf uns selbst, sondern auf den Grund unserer Hoffnung. Und dieser Grund ist versinnbildlicht in diesem Wappen, das sich Luther selbst gegeben und das er als Merkzeichen seiner Theologie genannt hat: die Lutherrose. Sie ist ein Merkzeichen, eine Erinnerung daran, woraus wir als Kirche leben: gestern, heute und zukünftig. Der Friede Gottes… Amen