3. Advent – Zeit des Trostes
Adventszeit ist Zeit des Trostes. „Tröstet, tröstet, mein Volk“, so hören wir die machtvolle Stimme Gottes durch den Propheten Jesaja. Der Prophet Jesaja hat diese Worte aufgeschrieben, einige Jahrhunderte vor der Geburt Christi. Sie sollten einem Volk Mut machen, das in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppt worden war, abgeschnitten von zu Hause, entwurzelt vom heimatlichen Boden, das traurig und trostlos vor sich hinlebte.
„Tröstet, tröstet, mein Volk“, sagt Gott. Es ist nicht zu Ende mit euch. Es soll etwas Neues beginnen. Schaut nach vorne! Die Wüste soll kein Hindernis mehr sein zwischen hier und dort, zwischen dem Exil und dem Zuhause. Jetzt gibt es einen Weg durch die Wüste. Du kannst ihn gehen. Gott selbst macht die Bahn frei. Da kommt die Wüste zum Blühen, und du wirst nach Hause finden.
Adventszeit ist Zeit des Trostes, weil etwas angesagt ist, auf das wir das ganze Jahr gewartet haben. Gott kommt als kleines Kind in der Krippe zu uns, als Heiland, als der, der heilen, versöhnen und trösten kann.
Es sind die Tröstungen des Advents, von denen ich sprechen möchte, und ich bin sicher, sie sind uns nicht unbekannt. Sieben davon habe ich gefunden, ich will sie alle nennen.
Der Trost der Musik
Der erste Trost ist der Trost der Musik. Sie kommt aus einer Welt, zu der Worte keinen Zutritt haben und eröffnet uns Räume, die Sprache nicht erreichen kann. In ihr liegt das Geheimnis einer Harmonie, die uns im wirklichen Leben nur selten begegnet.
Sie bringt etwas in uns zum Klingen, das uns anrührt, anregt und einstimmt in die alten Melodien des Advents. Es kommt ein Schiff geladen. O, Heiland reiß die Himmel auf. Macht hoch die Tür.
Hört auf mit eurem Jammern sagen diese Lieder, hört auf diese Klänge aus einer anderen Welt: Da kommt etwas an, auf das Ihr schon gar nicht mehr gewartet habt. Eine Harmonie, die ich nicht sehen und beweisen kann, die aber, wenn sie erklingt, etwas in mir bewirkt. Sie tröstet mich, weil sie mich hinein nimmt in ein himmlisches Konzert.
Der Trost des Lichtes
Dann ist da der Trost des Lichtes. Adventszeit ist vor allem die Zeit der Kerzen. Ich muss zugeben, ich halte nicht besonders viel von der elektrischen Beleuchtung im Advent und Weihnachten, obwohl ich weiß, dass das sicherer und praktischer ist. Doch die Kerze erscheint mir angemessener. Auf ihre Flamme muss ich achtgeben, damit sie nicht verlöscht. Sie braucht meine Aufmerksamkeit, wenn ich sie entzünde und wenn ich sie auslösche. Sie ist nicht so bombastisch wie eine elektrische Lampe und doch mit einer großen Ausstrahlungskraft begabt.
Die Geschichte vom alten König fällt mir dazu ein, der seine beiden Söhne zu sich ruft in eine große Halle. „Bis zum Abend habt ihr Zeit, diese Halle zu füllen“, sagt er ihnen, „wer es schafft, soll mein Nachfolger werden.“ Der eine besorgt sich vom Bauern Stroh und füllt damit den ganzen Raum. Als es dunkel wird, erscheint der andere Sohn. „Räumt dieses nutzlose Zeug raus“, sagt er. Dann stellt er eine Kerze in die Mitte der Halle. Und zündet sie an. Und ihr warmes Licht erfüllt den ganzen Raum und lässt die Gesichter der Anwesenden leuchten. Da machte ihn, so wird berichtet, der alte König zu seinem Nachfolger.
Der Trost der Dunkelheit
Drittens, und auch das ist eine Erfahrung des Advents, man kann vom Trost des Lichtes nicht reden, ohne vom Trost der Dunkelheit zu sprechen. Manchmal ist es gerade die Dunkelheit, die tröstet. Nicht alles verträgt es, ans helle Licht gezogen zu werden. Manchmal ist es gut, wenn die Dunkelheit einen Mantel der Barmherzigkeit um uns legt und zudeckt, was uns beunruhigt oder schmerzt.
Gott will im Dunklen wohnen, heißt es in dem schönen Adventslied von Jochen Klepper, und hat es doch erhellt. Darum wollen wir die Dämmerung und das Dunkel schätzen, denn „wohl zu der halben Nacht“ ist Gott selbst zur Welt gekommen.
Gott will im Dunklen wohnen, heißt es in dem schönen Adventslied von Jochen Klepper, und hat es doch erhellt. Darum wollen wir die Dämmerung und das Dunkel schätzen, denn „wohl zu der halben Nacht“ ist Gott selbst zur Welt gekommen.
Der Trost der guten Worte
Viertens: der Trost der guten Worte. Im Advent machen wir die Erfahrung, dass Worte eben nicht Schall und Rauch sind. Auf Karten und in Briefen, per Telefon, SMS und E-Mail, schicken wir uns gute Botschaften zu. Wünsche zur Advents- und Weihnachtszeit zeigen, dass wir in diesen Wochen besonders aufmerksam füreinander sind. Licht und Segen sollen nicht nur bei uns bleiben, sondern ausstrahlen dorthin, wo Menschen sind, mit denen wir uns verbunden fühlen.
Der Trost des adventlichen Duftes
Nicht zu vergessen – fünftens – der Trost des adventlichen Duftes. Die Adventszeit ist die Zeit der Weihnachtsbäckerei. Schon Wochen vor dem Fest durchzieht der Duft des Weihnachtsfestes Stuben und Treppenhäuser. Und wenn die Bäcker noch so schönes Gebäck in ihren Schaufenstern haben, nichts duftet so gut, wie das im eigenen Backofen Gebackene. „Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß“, singen wir zu Weihnachten mit Begeisterung. Der Trost des adventlichten Duftes beweist, wie sinnenfroh ein Christenleben sein kann. Die abgestandene dicke Luft, die sich übers Jahr um uns herum breit macht und die Stimmung verdirbt, lassen wir zum Fenster heraus. So dass wir empfänglich werden für den Duft des Weihnachtsgebäcks, den Duft frischen Tannengrüns und den Duft der Christrose.
Der Trost der Tränen
Sodann: der Trost der Tränen. Ja, auch Tränen gehören zum Advent. Manchmal sind es Tränen der Erinnerung an vergangene Zeiten oder Menschen, die nicht mehr da sind. Zuweilen sind es Tränen der Entbehrung und des Schmerzes darüber, dass wir getrennt sind von etwas oder jemandem, mit dem wir gerade jetzt gerne zusammen wären. Aber es gibt auch Tränen der Freude und des Angerührtseins von der Schönheit adventlicher Glücksmomente. „Auch wer zur Nacht geweinet“, heißt es in einem Adventslied, „der stimme froh mit ein, der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“ Die Botschaft Jesu, dass die Leid Tragenden und Traurigen getröstet werden sollen, sie gilt gerade jetzt, wo die tröstende Stimme Gottes durch die Welt erschallt.
Der Trost des Adventskalenders
Zuletzt und siebtens: Der Trost des Adventskalenders. Jeden Tag ein Türchen zu öffnen und die Süßigkeit zu naschen. Und dann am 24. Dezember die Doppeltür, die sich öffnet und die Krippe mit dem Jesuskind zeigt und natürlich wieder eine Süßigkeit. Jeder Tag hat sein eigenes Geheimnis, birgt ein kleines Wunder, eine besondere Freude. Darauf werden wir aufmerksam gemacht, weil wir diese Kleinigkeiten im Strudel des Alltags oft übersehen. Kleine Überraschungsmomente, die sich aus der grauen Routine abheben, und unser Leben zum Leuchten bringen.
Der Adventskalender kann uns auf Übersehenes und Überraschendes aufmerksam machen. Und lässt uns begreifen, dass unsere Zeit voranschreitet einem guten Ziel entgegen.
Der Adventskalender kann uns auf Übersehenes und Überraschendes aufmerksam machen. Und lässt uns begreifen, dass unsere Zeit voranschreitet einem guten Ziel entgegen.
Die sieben Tröstungen des Advents: die Musik und die Worte, das Licht und die Dunkelheit, der Duft und die Tränen und der Adventskalender. Wahrscheinlich gibt es noch weitere Tröstungen des Advents, darum erhebt diese Aufzählung keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit.
Wichtig ist nur zu begreifen, der adventliche Trost vertröstet nicht: er verändert uns. Er leuchtet unser Leben aus, so wie schon eine Kerze einen ganzen dunklen Raum hell machen kann. Er gibt den Wartenden Kraft und der Zuversicht ein Ziel.
Wichtig ist nur zu begreifen, der adventliche Trost vertröstet nicht: er verändert uns. Er leuchtet unser Leben aus, so wie schon eine Kerze einen ganzen dunklen Raum hell machen kann. Er gibt den Wartenden Kraft und der Zuversicht ein Ziel.
Wer im Advent wartet, der oder die wird empfänglich, empfänglich für Gott selber, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern. Es ist eine Empfänglichkeit, die uns aufmerksam macht auf die Tröstungen des Advents, deren Spuren überall zu sehen, zu greifen, zu riechen und zu fühlen sind. Amen