Gottesdienst am 22.01. 2023: Thema: Anerkennung
Texte: Markus 10,13-16, Psalm 139, Jahreslosung aus 1. Mose 16,13
Texte: Markus 10,13-16, Psalm 139, Jahreslosung aus 1. Mose 16,13
Liebe Gemeinde!
Wir Menschen brauchen die Anerkennung. Das geht schon in der Kindheit los. Kinder müssen gelobt werden. Das ist nötig für ihre gute Entwicklung: „Das hast du gut gemacht. Weiter so“. Ob sie fleißig sind oder faul, brav oder frech, darauf kommt es nicht an. Kinder sind vollwertige Menschen. Ihnen gehört Anerkennung vom ersten Augenblick ihres Lebens an.
Ein Gedicht von Pablo Casals habe ich gefunden. Es bringt diese Anerkennung zur Sprache:
„Weißt du was du bist? Du bist ein Wunder! Du bist einmalig. Auf der ganzen Welt gibt es keinen zweiten Menschen, der genauso ist wie du. Und Millionen von Jahren sind vergangen, ohne dass es je einen Menschen gegeben hätte wie dich. Schau deinen Körper an, welch ein Wunder! Deine Beine, deine Arme, deine Finger, dein Gang. Aus dir kann ein Shakespeare werde, ein Michelangelo, ein Beethoven. Es gibt nichts, was du nicht werden könntest. Jawohl, du bist ein Wunder!“
Eine solche Anerkennung eines Menschen ist eine Lebensgrundlage, die trägt und Halt gibt, ein Leben lang. Menschen, die in ihrer frühesten Kindheit solche Anerkennung erleben, verfügen später trotz schwieriger, widriger Umstände über einen gewissen Schutzfaktor. Sie ermöglicht, dass später echte menschliche Begegnungen gelingen können. Jeder Mensch braucht Anerkennung: „Du bist das Glück meines Lebens. Ich möchte dich immer anschauen, so schön bist du“, heißt es in einem anderen Gedicht.
Doch, wer wüsste es nicht, Lob und Anerkennung, angesehen und anerkannt werden, sind leider nicht die Regel, sondern oft genug die Ausnahme. Plötzlich honoriert der Chef die Leistung nicht mehr, die Kollegen, die ihren Mitarbeiter gestern noch großartig fanden, tuscheln heute über ihn. Zu Hause geizt der Ehepartner, die Ehepartnerin spürbar mit Komplimenten. Die Kinder sind auch alle Versager, der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm, heißt es dann despektierlich.
Wenn uns Anerkennung und Respekt entgegengebracht werden, fühlen wir uns glücklich. Verweigert uns unsere Umgebung diese Anerkennung, gerät das Selbstwertgefühl in Gefahr. Ein stabiles Selbstwertgefühl, gewachsen aus einer frühen Grundanerkennung, bietet hingegen einen inneren Schutz gegen Angriffe von außen.
Doch wer sind die Menschen, die diese Grundanerkennung geben können? Im Idealfall die Eltern, Mutter und Vater, die Großeltern. Es können auch wichtige, andere Bezugspersonen sein, verlässliche Menschen, die den Kindern und Jugendlichen ermutigend zur Seite stehen. Und auch später, im Erwachsenenalter, ist diese Anerkennung wichtig. Eltern, Lehrer, Vorgesetze, wir alle sollten mit Anerkennung nicht geizen.
Die wichtigsten Erfahrungen machen Menschen in sozialen Beziehungen. Das heißt: Wenn ein Mensch nicht anerkannt wird, dann ist das eine schwere Enttäuschung, ein großer Schmerz. Menschen brauchen Anerkennung, vor allem von jenen, die sie lieben. Anerkennung ist mehr als ein Lob für gute Leistungen, ein Kompliment oder Bewunderung. „Wie schön, dass es dich gibt“, das ist einer der schönsten Sätze, die es gibt.
Jeder Mensch macht, wenn alles gut geht, in den ersten neun Monaten diese wunderbare Erfahrung. Das Kind darf im Mutterleib wachsen, sich entfalten und bleibt gleichzeitig verbunden und geschützt. Der Philosoph Gerhard Hüter sagt, dass alle Kinder später im Leben nach Beziehungen suchen, in denen sie sich anerkannt fühlen, wo sie dazugehören, wo ihnen Mut gemacht wird, wo sie über sich hinauswachsen können.
„Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran“, sagt Jesus, „denn ihnen gehört das Reich Gottes.“ Jesus gibt den Kindern die Anerkennung, die sie brauchen, in einer Zeit, in der die Kinder nicht viel galten.
„Du bist ein Gott, der mich sieht“, heißt die diesjährige Jahreslosung. Gott wertschätzt uns.
„Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war“ heißt es in dem 139. Psalm.
Wenn Gott und Menschen ja sagen zu mir, dann wachsen mir Flügel, und zwar unabhängig davon, ob ich leistungsfähig bin, krank, schwach oder arm.
Der letzte Grund der Anerkennung meiner Selbst kommt aus der Gewissheit, dass ich von Gott angesehen, anerkannt und geliebt bin. So wie es in der Bibel gesagt wird:
„Israel, du bist das kleinste Volk unter allen Völkern, aber ich habe dich auserwählt, ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben. Ich begleite dich, ich behüte dich, ich verlasse und vergesse dich nicht“.
Und weiter heißt es bei Jesaja: „Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen. Und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott,, der Heilige Israels, dein Heiland. Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, weil du in meinen Augen wertgeachtet bist und weil ich dich liebhabe.“
Jeder Mensch wünscht sich Anerkennung. Für das, was er auf der Arbeit leistet, für Entscheidungen, Erfolge, kleine Gesten, oder große Taten. Kinder brauchen Anerkennung, damit ihre Seelen wachsen können. Erwachsene brauchen Anerkennung. Im sozialen Miteinander ist die Anerkennung eine wichtige Treibfeder. Sie motiviert, sie zeigt, dass wir etwas richtig und gut machen. Wir alle wünschen uns Anerkennung. Wenn uns Anerkennung zuteilwird, blüht unser Selbstwertgefühl auf. Und genauso wie wir Anerkennung empfangen, ist es wichtig und wohltuend, diese auch anderen Menschen entgegenzubringen. Amen