Predigt im Gottesdienst am 3. Advent, Pastor Seivert

Sun, 11 Dec 2022 07:38:42 +0000 von Horst Seivert

3. Advent 2022
zu Jesaja 40,1-11
 
„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist. Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden.“
 
Liebe Gemeinde!
 
Eine besondere Stimmung ergreift uns Jahr für Jahr in der Advents- und Weihnachtszeit. Diese Zeit ist geprägt vor allem von freudiger Erwartung, aber auch von Geheimnisvollem und ebenso von Erinnerungen aus der Kindheit. Sie ist, wie keine andere Zeit im Jahr, voller Bräuche und Rituale. Das Singen von Weihnachtsliedern gehört zweifelsohne zu den schönsten Bräuchen in dieser Zeit.
 
Gefühlsmäßig sind diese Wochen vor allem von Sehnsüchten geprägt, die Sehnsucht nach Heil, nach Trost, nach Geborgenheit und Frieden. Zum anderen ist diese Zeit für viele Menschen auch mit viel Unruhe und Stress verbunden.
 
Wir alle sind jetzt empfänglicher als sonst für gute, aufmunternde, Mut machende Worte. Solche Worte lesen wir heute am dritten Adventssonntag bei dem Propheten Jesaja:
„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet freundlich mit Jerusalem und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat…“
 
Tröstet, tröstet mein Volk…
 
Georg Friedrich Händel beginnt sein berühmtes Oratorium „Messias“ mit eben diesen Worten, die ihn offensichtlich selbst getröstet haben.  Für mich gehört es zu meinen Adventritualen, mir den Beginn des „Messias“ anzuhören und durch diese Musik den Trost dieser Worte in mein Herz kommen zu lassen.
(CD-Stück einspielen)
 
Das Wort Trost kommt von Treue und bedeutet innere Festigkeit. Wir brauchen Festigkeit, jeder Mensch braucht es immer wieder einmal getröstet zu werden, nicht nur nach dem Tod eines Angehörigen oder Freundes, dann natürlich besonders. Wir brauchen diese innere Festigkeit, den Trost, den wir uns nicht selber geben können. Trost gibt uns Halt und schenkt uns wieder Kraft, einen festen Boden, auf dem wir stehen können.
 
Es gibt Menschen, die es verstehen, andere zu trösten, genau diese innere Festigkeit wieder zu schenken. Da wird es einem wieder warm ums Herz. Wie Balsam legen sich die trostvollen Worte auf unsere Müdigkeit, auf unsere Selbstzweifel, oder auf unsere Trauer um den geliebten Menschen.                                                            
Gerade in dieser adventlichen Zeit machen wir die Erfahrung, dass Worte eben nicht Schall und Rauch sind. Auf Karten und in Briefen, per Telefon, SMS und E-Mail, schicken wir uns gute Botschaften zu. Wünsche zur Advents- und Weihnachtszeit zeigen, dass wir in diesen Wochen besonders aufmerksam füreinander sind. Licht und Segen sollen nicht nur bei uns bleiben, sondern ausstrahlen dorthin, wo Menschen sind, mit denen wir uns verbunden fühlen. 
In diesen Tagen, an denen es lange Zeit dunkel ist, empfinden wir auch das Licht als besonders tröstlich. Die Adventszeit ist vor allem die Zeit der Kerzen. Ich muss zugeben, ich halte nicht besonders viel von der elektrischen Beleuchtung im Advent und Weihnachten, obwohl ich weiß, dass das sicherer und praktischer ist. Doch die Kerzen erscheinen mir angemessener. Auf ihre Flamme muss ich achtgeben, damit sie nicht verlöschen. Sie brauchen meine Aufmerksamkeit, wenn ich sie entzünde und wenn ich sie auslösche. Sie sind nicht so hell wie eine elektrische Lampe und doch mit einer großen Ausstrahlungskraft begabt. 
Schließlich: Auch die Musik – das wissen wir schon lange – vermag zu trösten, ist heilsam.
 
Das lateinische Wort für Trost heißt „consolari“, was so viel wie „mit dem Einsamen sein“ bedeutet. Gott kommt zu uns in unsere Einsamkeit, damit wir uns nicht länger allein fühlen. Viele Menschen leiden unter Einsamkeit, gerade in dieser Zeit vor Weihnachten.
 
„Tröstet, tröstet mein Volk…“
Es ist ein einzigartiges Gefühl von Heimat, das der Advent mit diesem Bild des Trostes in uns auslöst. Dieser Trost ist mehr als nur ein freundliches Wort. Freundliche Worte gehören selbstverständlich dazu. Unfreundliches hören wir genug, auch und gerade vor Weihnachten; von gestressten Menschen, ebenso von denen, die uns nicht gut gesinnt sind.
 
Gottes Trost heißt für den, der schuldig geworden ist: Vergebung. Wir dürfen noch einmal neu beginnen, weil wir nicht festgenagelt werden auf unser vergangenes Verhalten. Gottes Trost heißt für den, der sich in lauter Zwängen eingeengt und gefangen fühlt, Freiheit. Für das Volk Israel hieß das damals ganz konkret: die politische Lage wird sich ändern, das Exil wird ein Ende haben.
Gottes Trost heißt, einen Weg finden im Ausweglosen. Weil Gott tröstet, wird Unmögliches möglich.
 
Liebe Gemeinde!
Die Advents- und Weihnachtszeit wird sehr unterschiedlich begangen. Kinder warten sehnsüchtig auf die Bescherung, Erwachsene erinnern sich an früher, wo alles angeblich viel gemütlicher war, Hausfrauen sind beschäftigt mit den Vorbereitungen auf das Fest, die Einsamen empfinden ihre Einsamkeit jetzt noch viel stärker…
So vergehen die Wochen. Manchmal allerdings feiern wir Advent, als wären wir im wahrsten Sinne des Wortes nicht bei Trost; abgehetzt oder abgestumpft, blind für das Wichtige.
 
„Tröstet, tröstet mein Volk…“ Diese Botschaft des Propheten Jesaja sagt: Das muss nicht sein. Gott tut etwas dafür, dass er und wir uns näherkommen. Wir können Advent halten wie Menschen, die mit ihm rechnen und die darum bei Trost sind. Amen
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