1.So. n. Trin. – Jona
Liebe Gemeinde!
Der Prophet Jona gehört zu den wenigen Personen, die in der Bibel mit einem eigenen Buch vertreten sind. Das Buch ist zwar sehr kurz, aber umso aussagekräftiger. Ich lese eine Zusammenfassung vor:
„Mitten im schönen Land Israel sitzt Jona. Eines Tages hört er eine Stimme. Gott sagt zu ihm: Jona, steh auf! Geh in die große Stadt Ninive. Die Menschen sind dort so böse, dass ich nicht länger zusehen kann. Sage zu ihnen: Gott wird euch bestrafen!
Jona geht, aber nicht nach Ninive. Er läuft weg. Er geht in die andere Richtung. Er geht ans Meer. Er steigt in ein Schiff. Immer weiter fährt das Schiff von Ninive weg. Da schickt Gott einen schweren Sturm. Das Schiff ist in Gefahr. Die Matrosen haben schreckliche Angst. Sie schreien: Hilf uns Gott, lass uns nicht ertrinken! Jona hat nichts gemerkt. Er liegt unten und schläft. Einer der Matrosen ruft: Wach auf, Jona! Hilf uns beten, damit Gott uns hört.
Jona sagt: Gott wird mich nicht hören. Ich bin an allem schuld. Ich habe ihm nicht gehorcht, darum hat er den Sturm geschickt. Werft mich ins Meer. Dann hört der Sturm auf.
Die Matrosen werfen Jona ins Meer. Ein großer Fisch verschluckt ihn. Sofort hört der Sturm auf. Der Fisch ist tief unten im Meer. Jona ist im Bauch des Fisches, drei Tage und drei Nächte lang. Jona ruft zu Gott: Hilf mir, hol mich heraus!
Gott hört Jonas Gebet. Er hilf ihm. Der Fisch spuckt Jona ans Ufer. Noch einmal sagt Gott zu Jona: Geh nach Ninive. Sage den Leuten dort: Gott wird euch bestrafen. Jona geht in die große Stadt. Er ruft den Menschen zu: Gott wird eure Stadt zerstören! Ihr tut so viel Böses. Ihr müsst alle sterben. Nur noch 40 Tage!
Die Leute von Ninive erschrecken. Sie ziehen Trauerkleider an. Sie sagen: Wir wollen uns bessern. Sie beten zu Gott: Vergib uns. Es tut uns leid! Gott hört die Menschen von Ninive. Er sagt: Ich schenke ihnen das Leben. Ich will die Stadt nicht zerstören.
Jona sitzt vor der Stadt. Eine Rizinusstaude gibt ihm Schatten. Jona ist zornig. Er sagt: Gott muss die Stadt zerstören. Die Menschen waren böse. Gott muss sie bestrafen.
Gott fragt Jona: warum bist du zornig? Hast du Grund dazu? Warum freust du dich nicht?
Gott lässt die Staude verdorren. Jona sitzt in der heißen Sonne. Jona ist zornig. Er hat keinen Schatten mehr. Gott fragt Jona: Warum bist du zornig? Hast du Grund dazu? Jona sagt: Mit Recht bin ich zornig. Die Blätter waren so schön. Gott sagt. Dir tun die Blätter leid. Mir aber tun die Menschen leid. Sie sollen nicht sterben. Alle Menschen sind meine Kinder.“
Musik
Haben wir uns wieder erkannt? Die Geschichte von Jona, dem großen Fisch, der Stadt Ninive und dem Rizinusstrauch ist ein Lehrstück. Das heißt: Die Geschichte will uns etwas lehren, wir sollen uns darin wiedererkennen. In einzelnen Punkten, in den Figuren, in den Ereignissen.
1.Da ist zum einen Jona. Der Prophet, der merkt, dass Gott etwas von ihm will. Nach Ninive soll er gehen und den Menschen dort sagen, dass sie umkehren sollen von ihren Bosheiten. Worin das Böse bestand, darauf wird nicht eingegangen. Nur dass Jona sich weigert, diesen unangenehmen Auftrag zu erfüllen.
Ich kann das gut verstehen. Einer ganzen Stadt den Untergang anzukündigen, das ist schon harter Tobak. Gottes mahnende Worte den Menschen sagen, ist eine heikle Geschichte.
Wir kennen das auch: Wie schwer wir uns tun, jemandem zu sagen, dass und was in seinem Leben verkehrt läuft. Aber nützen tut es nichts. Aufschieben oder gar davonlaufen und die Sache verschweigen, bringt auch nichts. Manchmal muss man Dinge tun oder sagen, auch dann, wenn sie unangenehm sind.
2. Da sind des Weiteren die Wellen, der Sturm und das Meer. Jona weigert sich, diesen Auftrag zu erfüllen und läuft (zunächst) in die entgegengesetzte Richtung. Das Unangenehme den Menschen zu sagen, will er nicht. Also haut er ab mit dem Schiff, frei nach dem Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Aber Gott lässt sich von Jona nicht auf der Nase herumtanzen. Er setzt das Meer in Bewegung, um Jona aufzuhalten. Und dabei wird es hochdramatisch. Eine Situation auf Leben und Tod.
So ist unser Leben manchmal. Stürmisch, bewegt, beängstigend. Manchmal echt gefährlich. Und wir meinen dann, wir gehen unter und ertrinken. Aber dann ist Gott da, seine Rettung ist nahe.
3. Gut, wenn wir in all dem Chaos doch noch einen sicheren, ruhigen Platz haben, wenn wir wie von einem großen Fisch gerettet werden. Wenn wir nachdenken können und uns besinnen, wenn wir Gott spüren und durch unseren Glauben gestärkt werden.
Das mit dem Fisch ist schon eine komische Geschichte. Aber daran haben sich diejenigen, die sie aufgeschrieben haben, nicht gestört. Viel unglaublicher fanden sie wahrscheinlich etwas anderes: dass Gott diesem Jona eine zweite Chance gibt. Dass Jona im Rückblick sagen kann: es gab in meinem Leben einen Moment, wo ich ziemlich alles falsch gemacht habe. Ich wusste es, und habe es trotzdem getan. Und ich bin so in eine selbst verschuldete Katastrophe reingeraten, die mich und vielen anderen fast das Leben gekostet hätte. Aber Gott hat mich nicht aufgegeben – und hat mir einen Neuanfang geschenkt.
4. Und dann ist da die große Stadt Ninive mit den vielen Menschen, die so viel Böses getan hatten. Wir wollen überlegen: Was läuft denn nicht auch bei uns alles schief, ist verkehrt und einfach schlecht und böse. Da gibt es ganz gewiss einiges, was wir hier aufzählen können, jede und jeder von uns. Und doch: Wir leben: frei und sicher, aufrecht, getrost mit Gottes Liebe und Vergebung.
Zum Schluss erfüllt Jona dann doch seinen Auftrag im Sinne Gottes. Die Menschen hören Jona zu und – o Wunder - sie kehren um von ihren Bosheiten.
Und Jona? Er hat einen solchen Kurswechsel nicht erwartet und ärgert sich, dass Gott so gütig ist zu diesen einstmals so bösen Menschen.
Erkennen wir uns etwa auch da wieder? Weil wir meinen, der oder die hätten solch eine Güte nicht verdient?
An uns alle richtet sich diese Geschichte, liebe Gemeinde, und an alle, die meinen, sie seien etwas Besseres, sie hätten eine bessere Behandlung verdient.
Aber so ist es nicht. Gottes Zuwendung, seine Liebe gilt allen Menschen, ohne Ausnahme und ohne Ansehen der Person.
Und: Für eine Umkehr ist es nie zu spät. Gott freut sich über jeden, der sein Leben zum Guten hin ändert.
Wir sind aber manches Mal in der Gefahr, engherziger zu sein als Gott in seiner Güte, von der wir alle leben.
Gott sagt: „Mich reuen die Menschen, ich will sie nicht ins Unglück stürzen.“ Darum gibt er Ninive noch einmal eine Chance. Darum gibt er jedem von uns immer wieder die Möglichkeit, neu anzufangen.
Und: Wenn ich mal wieder denke, die anderen hätten einen ordentlichen Dämpfer verdient, da müsste Gott mal richtig dreinschlagen“, dann merke ich: Hoppla, da sitzt du jetzt plötzlich neben Jona unterm Rizinus, da solltest du gut überlegen, ob du deinem Gott seine Barmherzigkeit wirklich zum Vorwurf machen möchtest. Amen