Predigt im Gottesdienst am 15. So. nach Trinitatis (25.9.2022), Pastor Horst Seivert

Sun, 25 Sep 2022 07:05:20 +0000 von Horst Seivert


15. So. n. Trin. -  Galater 5,25-6,10 (i. A.)

Liebe Gemeinde!

Eine Geschichte erzählt Folgendes: Ein Mensch ist gestorben und kommt zu Gott. Gott empfängt den Menschen und fragt ihn: „Kennst du den Himmel und die Hölle?“ „Na ja“, antwortet der Mensch, „ich habe davon gehört.“ – „Möchtest du sie sehen?“ fragt Gott. „Ja, geht das denn?“ wundert sich der Mensch. „Komm mit mir“, sagt Gott, „und was möchtest du zuerst sehen: den Himmel oder die Hölle?“ Der Mensch zögert etwas und antwortet dann etwas leiser: „Zuerst bitte die Hölle.“
 
Gott führt ihn zu einem Fenster, durch das sie hinabblicken in einen großen Saal. Da stehen lange Tischreihen, die sind festlich eingedeckt; Kerzen beleuchten die Szenerie. „Ich hatte mir die Hölle viel schlimmer vorgestellt“, sagt der Mensch. „Warte ab“, erwidert Gott. Denn da öffnen sich die Saaltüren, und eine Menschenmenge stürmt in den Saal. Kaum am Platz, beginnt ein Hauen und Stechen um die Speisen, aber wieder einmal wird niemand satt. Denn jetzt erst bemerkt der Mensch, dass die Messer und Gabeln viel zu lang sind. Man kann sie nicht zum Mund führen – alle verletzen nur sich selbst und die Nachbarn. Niemand wird satt, und alle schreien und fluchen und weinen und wimmern laut.
 
„Mein Gott, das ist ja schrecklich“, flüstert der Mensch, „darf ich den Himmel sehen?“ Gott und Mensch gehen zu einem anderen Fenster und blicken hindurch. Die gleiche Szene und auch das gleiche Besteck. „Aber im Himmel sieht es ja genauso aus wie in der Hölle!“, wundert sich der Mensch. „Warte ab“, erwidert Gott. Denn da öffnen sich die Türen zum Himmelssaal für eine große Menschenmenge. Aber niemand drängelt, niemand schreit. Alle nehmen Platz, greifen zum überlangen Besteck – und füttern einander, bis alle satt sind. „Siehst du?“ fragt Gott.
 
Soweit die Legende – und nun  dazu der biblische Predigttext für diesen Sonntag aus dem Galaterbrief, den wir gehört haben.
 
Zwei Kernsätze prägen diesen Bibelabschnitt. Am Anfang heißt es: „Einer trage des andern Last“ – und am Ende heißt es: „Lasst uns Gutes tun an jedermann!“ 
Kurz und knapp ist das auf den Punkt gebracht. Das, worauf es ankommt, das, was zu tun ist. 
 
Das Wichtigste auch einmal ganz knapp sagen zu können, ist für den Glauben unerlässlich. Deshalb lernen die Konfirmanden im Konfirmandenunterricht ein paar der sehr knappen Zusammenfassungen unseres Glaubens auswendig: die 10 Gebote, das Glaubensbekenntnis, den Psalm 23, oder auch das Doppelgebot der Liebe, wie es von Jesus überliefert ist. „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Der christliche Glaube verweist uns auf den Nächsten. Um ihn sollen wir uns kümmern. Und zwar deshalb, weil Gott sich zuerst um uns kümmert.
Genau das treibt Paulus  an: Weil Gott sich um uns sorgt, sagt er, können wir uns um andere sorgen. 
 
„Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Für mich heißt das: „Entlastet einander, weil Gott euch entlastet.“ 
 
Christlicher Glaube ist also nicht zuallererst Aktion, sondern Reaktion. Christlicher Glaube ist nicht Leistung, sondern Gegenleistung. Für Martin Luther war das der Kristallisationspunkt der Reformation: Christlicher Glaube hat einen Anspruch, weil er vom Zuspruch lebt, vom Zuspruch Gottes. 
 „Entlastet einander, weil Gott euch entlastet!“
 
Gott meint es gut mit mir – deswegen kann ich es gut meinen mit anderen Menschen. Gott macht es gut mit mir – deswegen mache ich es gut für andere Menschen und mit anderen Menschen.
 
Wir selbst und wir allein müssen und werden nicht die Welt retten. Da müssen schon noch andere mitmachen – nicht zuletzt Gott. Aber wir können damit anfangen, und wir dürfen es versuchen. Zum Beispiel natürlich auch gerne in unserer Kirchengemeinde, denn dazu sind Kirchengemeinden doch da: damit wir als christliche Gemeinschaft nicht nur schöne Sonntagsgottesdienste feiern, sondern auch werktags unserem Glauben Hand und Fuß geben können.
 
Vielleicht können wir damit etwas zum Guten verändern; und sei es in noch so kleinen Schritten. Denn wie sagte es Paulus sinngemäß: „Entlastet euch, weil Jesus euch entlastet hat!“
 
„Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ So heißt es im Wochenspruch passend dazu. Und im Evangelium  des heutigen Sonntages sagt Jesus: „Sorget nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“

Viele Menschen machen sich Sorgen. Wie soll es weiter gehen mit meinem Leben? Bleibe ich gesund, werde ich genug zu essen und zu trinken haben, werde ich meine Rechnungen bezahlen können für die teure Energie und die gestiegenen Preise auf allen Gebieten…  Inflation, Krieg, Corona, eine Krankheit, die quält und von der ich nicht weiß, wie sie ausgehen wird, Sorgen um die alten Eltern, oder Kinder…  Sorgen über Sorgen. 

Jesus sagt dagegen: „Sorgt nicht um euer Leben….
Ja, ist Jesus denn naiv?  Sieht er nicht, wie viele Probleme und Sorgen wir haben?

Nein, er ist nicht naiv und er weiß auch um unsere Sorgen. Aber er will viel mehr etwas anders damit sagen:                                       Wenn Gott der Herr ist, dem wir vertrauen, wenn wir von ihm alles erwarten, dann dürfen und sollen wir ganz ruhig sein:        Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all das bedürft. Er trägt eure Lasten mit. Dort am Kreuz hat er es gezeigt. Er sorgt für euch. Er trägt mit und gibt euch die Kraft, selber die Lasten für andere zu tragen und Gutes zu tun an jedermann.

Amen
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