Predigt im Gottesdienst am Sonntag Estomihi, 19.02.2023, Pastor Horst Seivert

Sun, 19 Feb 2023 07:52:18 +0000 von Horst Seivert

Estomihi 2023 zu 1.Kor.13,1-13

"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.  Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen."

Liebe Gemeinde!

Es gibt wohl keinen  Text in der ganzen Bibel,  den 23.Psalm vielleicht ausgenommen, der so bekannt ist wie das  „Hohelied der Liebe“.
Bei vielen Anlässen, fröhlichen wie traurigen, wird dieses schöne Kapitel gelesen. Vielleicht ist jemand hier, der jetzt sagt: „Die Liebe hört niemals auf“ – das ist ja unser Trauspruch. Oder „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung Liebe; diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen“ – darüber hat doch der Pastor bei Mutters Beerdigung gesprochen.
 
Für viele Menschen gehören diese Worte zum Grundschatz der Überlieferung dessen, was Mut macht und was Hoffnung weckt. Es sind eben Worte, die uns unmittelbar im Herzen berühren und ansprechen.
 
Ich frage mich: ist das zu schön, um wahr zu sein? Ist das nur ein Traum,  das mit der Liebe, dem die Realität fehlt?
 
Ähnlich verträumt ist dieses Bild, das Sie als Karte in der Hand halten (ich möchte es Ihnen schenken!).
Dieses Paar, das scheinbar unbeeindruckt und unbelastet von allem, tanzt und schwebt und fliegt und von einem heimlichen Mond beschienen wird.
Auf der Rückseite  der Karte lesen wir die Worte in einer schönen Handschrift: „…aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“
 
Ich stelle mir vor: die beiden auf dem Bild sind nur glücklich. Sie haben offenbar keinen Streit, keine Geldsorgen und auch keine pubertierenden Kinder. Die Eltern reden nicht in ihre Beziehung hinein. Sie nehmen sich einfach in die Arme und schließen die Augen.  Alles  Erdenschwere bleibt zurück.
Verbunden sind sie durch ein Herz. Es ist nicht seines. Und es ist auch nicht ihres. Und doch ist es da, beiden gemeinsam, das was sie miteinander verbindet. Dieses rote Herz, so klein es ist, kann man als Spur oder Hinweis auf die Worte lesen: „Die Liebe ist die größte unter ihnen.“
 
Trotzdem hat die Liebe ja doch noch eine andere Seite. Keine Frage, die Liebe ist ein starkes, kräftiges Band zwischen Menschen, aber ebenso auch sehr zart und zerbrechlich. Es ist manchmal mit der Liebe, als hätte man ein schön geschliffenes, wertvolles Glas in der Hand, aber dieses Glas hat an einer Stelle einen Sprung.
Liebe kann zerbrechen. Das haben schon viele erfahren.
Das Ideal gibt es nicht.
 
So sprechen wir zwar die Worte des Apostels gerne nach, gleichzeitig ist uns aber bewusst: die Liebe ist zwar langmütig und freundlich, aber ihr langmütiger Atem kann auch ausgehen, die Puste reicht nicht mehr, Liebe kann scheitern, aus Liebe wird Lieblosigkeit, die sich manchmal bis zu Verbitterung und Hass steigern kann.
 
Ich stelle mir vor, dass Gott dann mit Sorge auf uns und unsere Welt blickt und sich sagt: Es darf nicht sein, dass die Menschen das Wertvollste verlieren, was sie haben. Die Liebe darf nicht untergehen, niemals. Das darf nicht geschehen.
 
Deshalb hat Gott Jesus Christus in unsere Welt gesandt. Ein Kind wurde geboren, ein neues Leben kam auf die Welt. Ein Leben, das nicht nur von Liebe erzählte, sondern Liebe lebte, letztlich Liebe war. Eine Liebe, die ihn schließlich ans Kreuz brachte und in den Tod. 
 
Heute am Sonntag vor dem Beginn der Passionszeit richtet sich unser Blick auf den Weg Jesu nach Jerusalem. Im Evangelium hören wir: „Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.“ Auf diesem Weg zeigt es sich, was Liebe ist, die Liebe, wie Jesus sie gelebt hat, bis zuletzt. Ja, noch als er am Kreuz sterbend hing, hörte diese Liebe zu Gott und den Menschen nicht auf. Er bittet noch für den Übeltäter um Vergebung, die ihm ins Gesicht spuckt. So weit geht seine Liebe. Aber selbst dort hörte diese grenzenlose Liebe nicht auf. Gott selber griff ein und erweckte ihn vom Tod und damit die Liebe zum ewigen Leben.
„Die Liebe hört niemals auf“. Das ist die Botschaft Jesu. Die Botschaft des Christentums.
 
Das haben manche ganz wörtlich genommen: Der Heilige Valentin zum Beispiel, dessen wir am vergangenen Dienstag, am Valentinstrag gedacht haben. Er war ein Bischof im dritten Jahrhundert in Italien.
Die Legende berichtet, dass er offen war für Menschen, deren Liebe unglücklich schien, weil andere sagten: diese Liebe steht unter keinem guten Stern. Sklaven, die nicht heiraten durften, wandten sich an Valentin. Und Paare, deren Eltern gegen die Hochzeit der Kinder waren.
Wie auch immer: Hier war jemand, an den sich junge Paare wenden konnten. Valentin hat diese Paare vermählt. Er hat ihnen den Segen Gottes gegeben, wenn er sah, dass die beiden, um die es ging, von Liebe geleitet und bewegt waren.
Und nach jeder solchen heimlichen Hochzeit ist Valentin, so die Legende,  in den Klostergarten gegangen und hat dem Paar eine Blume mit auf den Weg gegeben.
Daher also rührt der Brauch mit den Blumen an diesem Tag.
 
Für Paare, die das erlebten, mag es gewesen sein wie für die beiden, die wir auf dieser Karte sehen: glücklich, selig, eins, ein Herz und eine Seele. Alles Schwere, alle Ablehnung seitens der Eltern, der Welt, ist gewichen, alle Härte des Lebens hat an Bedeutung verloren.
Es muss für sie wie ein Tanz in den Himmel gewesen sein. Ein Schweben im sprichwörtlich „siebten Himmel“.
Sie mögen die Augen geschlossen haben, wie die beiden hier auf dem Bild und haben vielleicht gar nicht bemerkt, dass Gott sie etwas davon spüren hat lassen, dass er es ist, der die Liebe unauslöschlich und ewig macht. Und fest und belastbar für den Alltag.
 
So macht uns dieses schöne Hohelied der Liebe Mut, daran zu glauben, darauf zu vertrauen, dass sich letztlich die Liebe durchsetzen wird. Das es etwas gibt, das wichtiger ist als alle unsere Fähigkeiten und Reichtümer und stärker als  unser Versagen und unser Streit, etwa, das bleibt und trägt: die Liebe Gottes, die in Christus sichtbar wurde. Sie ist der Motor, die Quelle für unsere Liebe.   Amen
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