Predigt im Gottesdienst am 1. So.nach Weihnachten (29.12.), Pastor Seivert

Sun, 29 Dec 2024 07:48:00 +0000 von Horst Seivert

1 . So.n. Weihnachten zu Luk. 2, 25-38

Liebe Gemeinde!

Weihnachten ist eine Zeit, in der es viel zu sehen gibt: den Weihnachtsbaum, die Krippe, die Lichterketten….Da sehen die Hirten auf dem Feld eine Engelschar, die drei Weisen aus dem Morgenland einen Stern, der sie leitet. Und alle machen sich auf den Weg, das neugeborene Kind zu sehen. Sie geben sich nicht damit zufrieden, von seiner Geburt gehört zu haben. Nein, sie sollen es suchen und sie wollen es auch sehen.

Unser Glaube kommt eben nicht nur vom Hören, wie wir von dem Apostel Paulus erfahren, sondern auch durch das Sehen.

Deshalb sehen wir uns nun zusammen ein Bild an: „Simeon im Tempel“ heißt es. Gemalt hat es der berühmte holländische Maler Rembrandt. Dazu haben wir die Geschichte aus dem Lukasevangelium gehört.

Das erste, was auffällt, ist der eigentümliche Kontrast von Licht und Dunkel. Es ist richtig finster. Im Licht sind drei Personen zu sehen. Meisterhaft hat Rembrandt diesen Kontrast zwischen hell und dunkel dargestellt. Das ist sein Markenzeichen – in vielen seiner Bilder.

Das Licht ist warm und sanft, vergleichbar mit einer Kerze. Es scheint von dem Kind auszugehen und bescheint den alten Mann Simeon. Wir denken daran, was Jesus später von sich sagte: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh. 8,12)

Das hat der greise Simeon hier schon begriffen. Er kann sagen: „Meine Augen haben den Heiland gesehen, ein Licht zur Erleuchtung von vielen. Nun kann ich ruhig in Frieden gehen.“ 

Betrachten wir das Kind: Es ist fest eingepackt in ein warmes Jäckchen und eine Mütze. Es schaut hilfsbedürftig aus, wie jedes Baby, still und ernst, Simeon zugewandt. Der steht staunend da, fast träumend. Er wirkt wie ein Mensch, der innerlich zutiefst bewegt ist. Der Mund ist zum Staunen geöffnet. Auffällig sind die halbgeschlossenen und leer wirkenden Augen. Rembrandt hat sich den greisen Simeon wohl blind vorgestellt. Vorsichtig hat er das kleine Bündel nicht etwa in den Arm genommen, wie man Säuglinge in den Arm nimmt, sondern es liegt so auf seinen Armen, als habe er sie ausgestreckt, und jemand habe das Kind dort abgelegt. Simeons Hände sind zum Gebet gefaltet.

Die dritte Person ist die Prophetin Hanna. Sie tritt hinter Simeon ganz in den Hintergrund zurück. Auch sie schaut besonnen auf das Jesuskind.

Das Bild zeichnet sich durch eine große Stille aus. Es will eine Anleitung für unser Betrachten des Jesuskindes sein. Wir sollen uns genauso wie Simeon und Hanna zu dem Jesuskind hinwenden: Selbstvergessen und ungeteilt nur ihm zugewandt.

Rembrandt hat sich ein Leben lang mit dem Motiv des alten Simeon beschäftigt. Mehrere Bilder hat er dazu gemalt. Dieses Bild ist 1669 entstanden, als er 63 Jahre alt war. Das war damals ein hohes Alter. Als man ihn wenig später tot auffand, stand dieses Bild neben ihm auf der Staffelei.

Mit Simeon und der Prophetin Hanna hat Rembrandt Menschen gemalt, die noch Hoffnung haben – über den Tod hinaus. Simeon ist ein Mensch, der an das Ziel seines Lebens angelangt ist und der weiß: „Nun kann ich in Frieden gehen.“

Ob Rembrandt das am Ende seines bewegten Lebens auch sagen konnte? Er hat viele Bilder gemalt, aber er hat auch viel Leid erlebt. Seine Frau starb und vier seiner Kinder. Er ging bankrott, musste alles verkaufen, zuletzt auch sein Haus. Wir wissen heute aus überlieferten Briefen und Rechnungen, dass man ihn zeitlebens betrogen hat.  

Zurück zu Simeon: Am Ende ist nicht er, der das Christuskind ergriffen hat, sondern am Ende ist Simeon der Ergriffene.

Das ist letztlich die Botschaft von Weihnachten für uns heute: Wer im Lichte Gottes lebt, der sieht nicht weniger, sondern mehr. Wer im Lichte Gottes lebt, dessen Leben wird hell und strahlt auch für andere, weil er dann auch die Not der anderen sieht. Wer im Lichte Gottes lebt, der kann getrost jeden Tag leben und auch eines Tages getrost sterben.

„Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast, denn meine Augen haben den Heiland gesehen.“ Amen
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