4. So. n. Trin. 1. Mose 50,15-21
Liebe Gemeinde!
Liebe Gemeinde!
„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ (1. Mose 50,20)
Diese Worte Josefs nehmen ernst, dass Menschen einander nicht immer wohlgesonnen sind, einander Verletzungen zufügen oder etwas schuldig bleiben. Am Ende aber muss es nicht dabeibleiben, es kann Versöhnung geschehen. Gott kann alles wieder gut fügen.
Die Josefsgeschichte ist eine Geschichte voller Konflikte, an deren Ende die Versöhnung steht, ein glückliches Ende einer langen Familiengeschichte mit Höhen und Tiefen.
Wir erinnern uns: Josef war für seinen Vater Jakob der Lieblingssohn, denn er war der Sohn von Rahel, die Jakob sehr geliebt hatte. Jakob verwöhnte Josef und gab ihm das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Besonders geliebt, besonders gut aussehend, besonders begabt. Josef war sich seiner Rolle wohl bewusst. In seinen Träumen sah er, wie seine Brüder ihm dienten und vor ihm niederfielen. War er ein Angeber? Seinen Brüdern jedenfalls war das nicht recht. Wer hat es schon gerne, wenn der jüngere Bruder sich so aufspielt? Das darf nicht sein, beschlossen sie, setzten ihn gefangen und verkauften ihn an eine Händlerkarawane, die ihn in Ägypten auf dem Sklavenmarkt feilbot. Josef musste einen langen Weg gehen. Von seinen Brüdern verkauft. Am Ende landet er an dem Hof des Pharao. Er versteht es, Träume zu deuten. Schließlich deutet er den Traum des Pharao und rettet die Ägypter vor dem Hungertod. So wird er der mächtigste Mann im Land, direkt unter dem Pharao. Er wirtschaftet klug und erwirbt sich hohes Ansehen. Am Ende kommen seine Brüder zu ihm, weil sie Getreide bei ihm kaufen wollen. Nach einigem Zögern gibt er sich ihnen zu erkennen und sie erschrecken furchtbar. „Wird er sich nun an uns rächen für das, was wir ihm Böses angetan habe“, fragen sie sich. „Wir hätten es verdient.“ Aber Josef kann großzügig sein.
„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“, sagt er und verzeiht ihnen.
Indem wir auf diese Geschichte schauen, sehen wir gleichzeitig auch unsere Lebens -und Familiengeschichten an. Gibt es da nicht Ähnlichkeiten? Gerade was die geschwisterlichen Beziehungen betrifft? Entsteht nicht immer noch viel Hass und Neid gerade dort, wo Eltern Kinder bevorzugen?
Doch schauen wir auf Josef. Wir wissen nicht, ob und wie lange er seinen Brüdern gezürnt hat. Die Geschichte verrät es uns nicht. Denkbar ist schon, dass er auch solche Regungen wie Wut und Rache in sich gespürt hat, nach alldem was seine Brüder ihm angetan hatten. Langsam aber reift bei ihm die Einsicht, dass hinter seiner Geschichte ein Plan steht, ein Plan Gottes. Das alles geschah unter den Augen Gottes. Gott war mit ihm in allem, was er tat, heißt es immer wider in der Geschichte.
Josef hat sicher seine Zeit gebraucht und viel Kraft bis ihm diese Erkenntnis kam. Gerade Verletzungen brauchen Zeit bis die Wunden, die sie uns zugefügt haben, heilen, manchmal sehr lange Zeit. Josef vergibt seinen Brüdern, er ist bereit mit ihnen neu anzufangen.
Konflikte, Streit, Enttäuschungen – sie kommen in den besten Häusern vor. Die Frage ist nicht warum das so ist, sondern wie damit umgehen, ob wir vor ihnen davonlaufen oder ihnen standhalten. Es ist auch eine Frage des Vertrauens in Gott. Trauen wir Gott zu, dass über lange Zeit getrennte Wege wieder zusammenführen können? Dass das, was bei uns Menschen unmöglich zu sein scheint, bei Gott möglich ist?
Lernen möchte ich von Josef und von seinem Gottvertrauen. Sein Glaubens- und Lebensweg erinnern mich an ein Bekenntnis von Dietrich Bonhoeffer: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“
Josef vermittelt uns viel Lebensmut. Auf verschlungenen Wegen und in den schwersten Konflikten verlässt und vergisst Gott uns nicht.
Sollte uns dies nicht dazu bewegen, achtsam miteinander zu leben, wie Josef einander zu vergeben?
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“, sagt Jesus. Und: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet.“
Dazu helfe uns Gott. Amen