Predigt am Sonntag Kantate, 2.5. - von Pastor Horst Seivert

Fri, 30 Apr 2021 11:35:37 +0000 von Horst Seivert

Predigttext: Lukas 19,37-40

"Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatte und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!  Und einige von den Pharisäern in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht!  Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien."

Liebe Gemeinde!

„Wir lassen uns das Singen nicht verbieten, das Singen nicht und auch die Fröhlichkeit…“

Ist Ihnen dieser Schlager noch im Ohr? Tina York landete mit ihrem Lied 1975 einen Superhit. Sie tritt bis heute als Rentnerin damit auf. Es ist ein Lied zum Mitsingen, oder Summen, ein richtiger „Ohrwurm“.

Wir lassen uns das Singen nicht verbieten? O doch! Das Singen ist uns seit mehr als einem Jahr verboten – nein, nicht das Singen allein zu Hause in der Küche oder unter der Dusche, sondern das gemeinsame Singen etwa hier im Gottesdienst. Viele von Ihnen vermissen es. Ich weiß das.

Doch wir haben hier in unserer Gemeinde eine Alternative gefunden, die uns zwar immer noch nicht das gemeinsame Singen, aber immerhin das Hören des Einzelgesangs erlaubt – freilich unter strenger Einhaltung des Abstandes. So bleibt der Gemeinde wenigstens das Zuhören, das Singen mit dem Herzen, mit der Seele, wie ich zu sagen pflege.

Damit sind wir bei dem Predigttext des heutigen Sonntages. Lukas erzählt davon, dass die Jünger Jesu, nachdem dieser in Jerusalem eingezogen war, aus vollem Halse das Gotteslob singen: „Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn…Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!“

Doch den Jüngern wird sogleich dieser Gesang verboten.  Einige Pharisäer in der Menge, schreibt Lukas, sprachen zu Jesus: „Meister, weise doch deine Jünger zurecht. Sie sollen damit aufhören.“

Ich frage mich: Warum sagen sie das? Corona hat es damals wohl nicht gegeben. Es war also nicht die Angst vor einer ansteckenden Krankheit, die sie das sagen ließen.

Was war es dann?

Wenn die Jünger singen: „Gelobt sei der da kommt, der König!“, dann drücken sie damit aus: Wir fühlen uns diesem König, dem himmlischen König, also Gott, verpflichtet. Ihn beten wir an, er ist unsere erste Autorität.

Und genau das war damals gefährlich und war es auch später, als sich die ersten christlichen Gemeinden bildeten. Christen wurden verfolgt, getötet, drangsaliert, weil sie nicht den Herrscher, sondern Gott anbeteten.  Die Herrscher fürchteten um ihre Macht.  Bis heute ist es in vielen Ländern der Welt immer noch so. Die Organisation „Open Doors“ spricht von 100 Millionen Christinnen und Christen, die gegenwärtig verfolgt werden. An der Spitze steht das kommunistische Land Nordkorea, gefolgt von vielen islamischen Ländern.

Solches Singen zur Ehre Gottes war und ist gefährlich bis heute. Gott sei Dank nicht bei uns, in unserem freiheitlichen demokratischen Land. Gott sei Dank ist allen Menschen bei uns die freie Ausübung ihrer Religion und somit auch das Singen der Lieder für Gott erlaubt. Wir können so laut singen wie wir wollen. Kein Mensch kann uns das Singen verbieten, kein Staat, es sei denn es ist Corona, wie jetzt.

Und so bleibt uns das Zuhören und die Hoffnung, dass wir bald wieder alle gemeinsam aus vollem Hals und voller Brust Gott loben dürfen.

„Ich sage euch“, sagt Jesus zu den Pharisäern, „wenn diese schweigen, so werden die Steine schreien.“

Ich stelle es mir so vor: Wenn wir hier sind und einfach zuhören, still sind, dann hat das auch etwas Gutes. Wir können in uns hineinhorchen, wir können uns vorstellen, was diese alten Steine, aus denen die Kirche gebaut ist, sagen, rufen, schreien, singen würden: was sie alles erlebt, gehört und gesehen haben im Laufe der vielen Jahrhunderte: Krieg und Frieden, Freude und Leid, Lachen und Weinen, Freude darüber, wenn Kinder getauft wurden oder junge Paare sich das Jawort vor Gott gegeben haben, oder wenn Tränen geflossen sind, Tränen der Dankbarkeit oder des Schmerzes über den Tod lieber Angehöriger…. All das können wir die Steine schreien, rufen, singen hören. Sie singen das Lied des Lebens, das Lob Gottes.

Wenn diese Steine singen, dann ist der ganze Kosmos erfüllt vom Lob Gottes. Und wir? Ob wir singen oder nur still zuhören, und mit dem Herzen, mit der Seele singen, oder summen, dann ist die ganze Welt Musik, der ganze Kosmos – zur Ehre Gottes. Alles klingt und singt, fröhliche Lieder, Lieder der Dankbarkeit, des Trostes, traurige Weisen, lauter Jubel, zarte Töne.

Und wenn wir ganz still sind, stimmt unsere Seele ein und beginnt zu singen und Gott zu loben auf ihre Weise: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!“

Amen

Fürbitten

Gott, du Herr des Lebens, dich preisen wir mit unseren Liedern; doch wir schreien auch wegen des Unrechts, das in der Welt geschieht. Mit unseren Klagen und Bitten kommen wir zu dir:

Wir beklagen die Friedlosigkeit, die an so vielen Orten der Erde herrscht, und bitten dich für alle, die an den Folgen von Hass leiden, wir bitten dich für die Menschen, die auf der Flucht sind und für die, die bei uns in Frieden leben wollen. Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.

Wir schreien zu dir wegen des Unrechts, das uns in der Nähe und in der Ferne begegnet, und wir bitten dich für alle Menschen, denen die Freiheit zum Atmen fehlt und für die, die unterdrückt und benachteiligt werden.                                                                                                                                                   Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.

Wir bringen vor dich das Leiden der Schöpfung, wir beklagen das Aussterben von Tierarten und Pflanzen, wir sorgen uns um das Klima auf der Erde und die Verwüstung von Lebensräumen.                    Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.

So oft vergessen wir beides: wir schreien nicht vom Unrecht,das wir sehen und wir singen nicht von der Hoffnung, die wir haben.                                                                                                                                       Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.
Vaterunser.......
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