Liebe Gemeinde!
„Nichts ist mehr so, wie es vorher war.“ Diesen Satz habe ich in den letzten Wochen oft gehört.
„Nichts ist mehr so, wie es vorher war.“ Diesen Satz habe ich in den letzten Wochen oft gehört.
Hätte mir das noch im Frühjahr jemand gesagt, dass es bei uns möglich sein könnte, dass so ein Virus unser Leben so massiv umkrempelt, ich hätte es nicht geglaubt. Dass monatelang keine Gottesdienste mehr gefeiert werden dürfen. Dass man teilweise auch die engste Familie nicht mehr sehen darf. Dass die Innenstädte leer sein können, weil kein Geschäft mehr offen hat. Dass wir alte und kranke Menschen allein lassen müssen, weil sie keinen Besuch empfangen dürfen. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich das schon auf eine ganz seltsame Art und Weise verunsichert hat. Ich, der ich bisher in Sicherheit und dem Wissen gelebt habe, dass es uns gut geht. Dass es mir an nichts fehlt, dass ich alles machen kann, was ich will. Nichts ist mehr so wie es war. Auch heute nicht. Wenn wir uns hier in der Kirche umsehen. Wir singen nicht, sitzen vielleicht nicht an unserem Platz, kein Handschlag zur Begrüßung, Desinfektionsmittel statt Gesangbuch, Mundschutzmaske, und in vielen Gemeinden immer noch gar kein Gottesdienst.
Nichts ist mehr so wie es vorher war. Das gilt auch für das erste Pfingstfest damals in Jerusalem. Wie so oft haben sich die Freunde Jesu getroffen. Ich kann mir vorstellen, dass sie gedacht haben: Jetzt ist alles aus. Nachdem Jesus verhaftet, verurteilt und schließlich hingerichtet wurde. Alles aus und vorbei. Aber dann: Jesus lebt, er ist auferstanden. Was für eine Freude. Jetzt wird alles wieder gut.
Wie schön, wenn am Ende alles gut ausgeht. Wenn man nach schweren Zeiten wieder richtig Freude haben kann am Leben. Wenn alles wieder ins Lot kommt.
„Als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort“, heißt es in der Apostelgeschichte. Und dann erscheint der Heilige Geist, der ein Verstehen, eine Hoffnung und eine Gemeinschaft bewirkt, die vorher noch nie dagewesen war. Die Ratlosigkeit und die Angst waren auf einmal weg. Die Jünger waren regelrecht begeistert und haben das den Menschen in ganz unterschiedlichen Sprachen weitererzählt.
Ich weiß, das klingt merkwürdig. Und auch die Freunde wurden damals verspottet: Ihr seid wohl betrunken, haben sie gesagt. Aber ich kenne das auch. Wenn mich was richtig begeistert, dann traue ich mich plötzlich, anderen davon zu erzählen. Und manchmal springt der Funke über und dann breitet sich die Begeisterung aus.
Ich glaube, dass genau das in diesem Jahr ganz besonders deutlich werden kann. Das, was wir in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben, hilft uns vielleicht, auch unsere Begeisterung neu zu wecken. Neu zu entfachen. Heute ich Pfingsten. Und wir Christen glauben: Seit jenem ersten Pfingsten kann man den Geist Gottes spüren. Der kann mich begeistern und lässt mich erleben: Ich bin nicht allein.
Die letzten Wochen und Monate haben wir ganz unterschiedlich erlebt. Für manche war es der finanzielle Ruin, weil sie plötzlich nichts mehr haben oder in Kurzarbeit zu wenig haben. Viele Familien und Beziehungen wurden auf eine harte Probe gestellt. Und auch wir als Kirche haben eine harte Zeit hinter uns. Weil wir Menschen allein lassen mussten, für die wir doch da sein sollten. Auf der anderen Seite ist ganz viel Neues und Schönes entstanden: Die vielen Anrufe zu Hause bei den Menschen, die Predigten zum Mitnehmen hier an der Kirche, die Bereitschaft so mancher sich um allein stehende ältere Menschen zu kümmern, z.B. bei Einkäufen oder anderen Besorgungen. Das Singen auf Balkonen oder in den Gärten. Es hat die Menschen zusammengeschweißt. In jeder Krise rücken die Menschen enger aneinander. Das war schon immer so.
Und wir feiern wieder Gottesdienst. Gemeinsam, wenn auch ein wenig anders als sonst. Alles Zeichen der Hoffnung und der Ermutigung. Dass Gottes Geist wirkt, stärkt und tröstet…
Dass wir dazugehören dürfen. Dass wir Teil der Gemeinschaft sein dürfen. Dass Gott zu uns hält, uns nicht verlässt. Jesus hat damals versprochen, dass er den Tröster schicken wird. Das hat er getan. Und er tut es immer noch. Er sieht, was uns belastet und uns freut, und er ist mitten drin. Er ist bei den Kranken und Sterbenden. Er trauert mit denen, die einen lieben Menschen verloren haben. Er ist mit dabei, wenn Eltern versuchen ihren Kindern den Schulstoff zu vermitteln. Und er trägt den Frust mit, wenn jemand seinen Job verloren hat oder das Geld kaum zum Leben reicht. Und ich merke, wie mich das auch durch diese Zeit getragen hat und begleitet hat. Gott tröstet. Immer.
Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat in diesen Tagen eine zuversichtliche, fast möchte ich sagen, pfingstliche Prognose für die Zeit nach Corona gewagt: Er schreibt: „Diese Krise wird den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Die gemein-same Erfahrung damit kann verbindend wirken. Und gerade dadurch, dass Begegnungen mit anderen Menschen nur eingeschränkt möglich sind, werden wir eine Sehnsucht danach entwickeln und feststellen, wie wertvoll Beziehungen und Begegnungen sind. Auch in unseren Kirchen und Gemeinden werden wir den Wert der christlichen Gemeinschaft neu entdecken, weil wir in Zeiten begrenzter Kontakte eingeübt haben, aufeinander zu achten. Weil wir in allen Gemeinden und rings um den Globus unaufhörlich gebetet und konfessionelle Unterschiede dabei keine Rolle gespielt haben.
Die Wirtschaft wird sich erholen, wie sie das schon nach früheren Krisen getan hat. Und vielleicht werden Menschen in unserem Land neu nach Gott fragen. Weil sie in Quarantäne Zeit hatten, über sich und ihr Leben nachzudenken, weil sie in der Not der Krise gemerkt haben, was wirklich wichtig ist; weil sie erkannt haben, wie verletzlich das eigene Dasein ist und wie wenig wir selbst in der Hand haben. Vielleicht auch, weil sie von der Hoffnung einiger Jesus - Leute angesteckt wurden.“
Soweit der Zukunftsforscher Matthias Horx. Ich finde das sehr Mut machend. Das das so eintreten möge, dazu helfe uns Gott. Amen.
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